2010-02-18 10:53:56

Marokko: „Verschärfte Aggression gegen Christen“


RealAudioMP3 Dass die christliche Minderheit in Marokko Anfeindungen ausgesetzt ist, ist nicht neu. Doch die Aggressivität, mit der zuletzt gegen die Teilnehmer einer Bibelstunde vorgegangen wurde, hat eine bisher unbekannte Stärke. Das meint die Nordafrika-Fachfrau von misereor, Maria Harmann, im Gespräch mit Radio Vatikan. Am letzten Sonntag wurden in der Kleinstadt Amizmiz 50 Kilometer südlich von Marrakesch ein US-Amerikaner und 18 Marokkaner, darunter fünf Kleinkinder, von Sicherheitskräften aufgegriffen und 14 Stunden lang verhört. Harmann dazu:

„Marokko sieht sich selbst als ein Land, das Religionsfreiheit gewährt. Diese Religionsfreiheit folgt aber dem Verständnis, das im Nahen Osten davon herrscht, nämlich: Die Religion, in die ich hineingeboren wurde, die soll ich ausüben und nach deren Regeln soll ich leben dürfen. Nicht nur, was die religiöse Praxis, sondern beispielsweise auch, was das Familienleben oder Ehegesetz angeht. Darüber hinaus aber zu versuchen, andere Menschen dem eigenen Glauben zuzuführen, das wird eher als Störung des sozialen Friedens empfunden.“

Es gebe einen eigenen Paragraphen im marokkanischen Strafgesetzbuch, der die Anstiftung von Marokkanern zur Konversion verbiete.

„Das richtet sich übrigens nicht nur gegen Christen. Ich erinnere mich, dass Marokko im Jahr 2005 die diplomatischen Beziehungen mit dem Iran abgebrochen hat, weil es ihm unterstellt hat, schiitische Missionsbestrebungen in Marokko zu unterstützen.“

Justizminister Mohammed Naciri selbst soll die Razzia gegen die Bibelstunde angeordnet haben. Das wohl, so Harmann, vor dem Hintergrund...

 
„... dass die Behörden im Land Angst haben, dass sie in den Augen der Bevölkerung als zu lasch erscheinen. Man darf ja nicht vergessen, dass die größte Oppositionspartei in Marokko eine islamische mit islamistischen Tendenzen ist. So dass sich die Behörden im Zugzwang sehen, jetzt durchzugreifen, oder zumindest Durchgreifen zu demonstrieren.“

 
Der US-amerikanische Missionar habe „den evangelischen Glauben“ in der überwiegend muslimischen Bevölkerung „ausbreiten wollen“, so der Vorwurf seitens der Behörden. Nur wenige der circa 30.000 Christen in Marokko sind Einheimische. Besonders die offensive Missionspraxis einiger evangelikaler Gruppen heize die vorherrschenden Spannungen weiter an, meint Länderexpertin Harmann:

 
„Dazu muss man natürlich auch sagen, dass diese Missionsbestrebungen mit sehr viel Geld unterstützt werden, gerade von der christlichen Rechten in den USA. Aber allein zu sagen, die Menschen werden mit Geld und der Aussicht auf ein besseres Leben gelockt, das wäre zu kurz gegriffen. Die gewisse Nähe zur angelsächsischen Welt und zu Amerika, das ja immer noch ein Symbol des Fortschritts für viele Menschen in Nordafrika ist, macht die Mission zwar sehr attraktiv. Aber die Art der Verkündigung, die sich von dem unterscheidet, was die Menschen sowohl aus dem islamischen Kontext, als auch von der herkömmlichen Kirche kennen, ist der eigentliche Anziehungspunkt.“

 
Die marokkanische Regierung sehe nun gesteigerten Bedarf, gegen die christliche Mission vorzugehen, weil diese in der letzten Zeit aus folgender Richtung Auftrieb erfahre:

 
„Man darf die Rolle der modernen Medien nicht vergessen. Es gibt mehrere Internetseiten, mit denen sich marokkanische Christen an ihre Landsleute wenden. Weiter gibt es einen Fernsehsender, der das Gleiche tut. Anders als früher gibt es diese Möglichkeiten, sich im breiten Rahmen zu informieren.“

 
(rv 18.02.2010 vp)









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