Die Vatikan-Liga: Ein Fußballabend mit der Schweizer Garde
Man könnte meinen,
man steht auf Schalke oder im Gottlieb-Daimler-Stadion – aber weit gefehlt: Denn in
500 Metern Luftlinie Entfernung erstrahlt die Kuppel des Petersdoms im nächtlichen
Himmel über Rom. Die Vatikanliga hat am vergangenen Freitagabend zum Fußballspiel
unter Erzrivalen geladen: Die Schweizer Garde trifft auf die vatikanische Gendarmerie.
Mit dabei ist ein Fanclub von Mädels aus Italien, Deutschland und der Schweiz, die
als Au-Pairs oder Studentinnen in Rom sind und „ihre Jungs“ anfeuern wollen:
„Schaut
mal, die Kulisse, vor der wir sitzen, ist die nicht unglaublich?“ „Wahnsinn,
dass ist ja wunderschön.“ „So was Schönes, wie die Kuppel vom Petersdom
im Nachthimmel, gibt es in Deutschland nicht. Na wenn das die Jungs nicht motiviert,
weiß ich auch nicht. Und wir werden sie auch ordentlich anfeuern – keine Frage!“ „Ja,
alle außer mir. Denn ich bin für die Gendarmerie – einer muss es ja sein, die Armen!“
Die
vatikanische Liga besteht seit 1947. Gespielt wird am „Campo Spellmann“. Ein Spielfeld
gemäß den FIFA-Richtlinien kann der Vatikan nicht stellen – darum ist die Liga leider
kein Mitglied des Fußballverbunds. Die Saison läuft von Oktober bis März. Konrad Wyss
von der Garde erklärt:
„Die verschiedenen Mitarbeiter
des Vatikans, zum Beispiel die Wärter der Museen, die Associazione SS. Pietro e Paolo
und natürlich die Gendarmerie und die Schweizer Garde, stellen Mannschaften, die dann
gegeneinander spielen. Und es ist immer wieder ein Spaß, gegeneinander zu spielen.
Dann steht man sich nicht nur im Dienst gegenüber. Der Spielplan sieht alle ein bis
zwei Wochen eine Begegnung vor.“
Dass es sich bei den
beiden Gegnern um Rivalen handelt, steht nicht nur auf dem Spielfeld fest. 1970 ließ
Papst Paul VI. die vatikanischen Sicherheitseinheiten auflösen – übrig blieb lediglich
die Schweizergarde. Bis vor sieben Jahren zumindest, als das „Gendarmeriekorps des
Staats der Vatikanstadt“ gegründet wurde. Seither ist die Frage danach, wer die Verantwortung
für die Sicherheit im Vatikan trägt scheinbar fragwürdig. Konrad Wyss, der seine Kameraden
von der Tribüne aus anfeuert erklärt aber:
„Eine gesunde
Rivalität ist immer gut – eine gesunde Konkurrenz eben. Das spornt zu höheren Leistungen
an.“
Die Gendarmerie trägt rot und blau als Trikotfarben
- in ihren Nationalfarben Weiß und Rot tritt die Schweizer Garde an: Unter Kuhglockengebimmel
und typisch schweizerischen Kampfesrufen, die die motivierte Fangemeinde vor zungenbrecherische
Herausforderungen stellt:
„Die schweizerische Sprache
ist interessant und eigen, aber nicht lustig! Ein berühmter Schlachtruf lautet „Chu-chi-chast-li“,
was so viel wie Kuchenkasten bedeutet. Ist ein bisschen schwierig auszusprechen, da
müssen unsere Fans noch üben! Aber wir lieben halt das CH, drum tragen wir es ja auch
als Autokennzeichen.“
Der Schiedsrichter, stets einer
von drei Schiris, die vom italienischen Fußballverband für die Spiele der Vatikanmeisterschaft
abgestellt werden, hat es sicherlich nicht leicht. An diesem Abend muss er die gelbe
und sogar eine rote Karte zücken. Bei der kleinsten Berührung liegen die Spieler der
Gendarmerie am Boden, bemängelt die weibliche Fangemeinde, die mit warmen und hochprozentigen
Getränken, galant durch die Schweizer Garde serviert, bei Laune gehalten wird. Und
Konrad Wyss kennt den Grund dafür, dass es seine Kameraden am Platz in der Regel schwer
haben gegen die Gendarmerie:
„Wir Schweizer können ja
nicht überall ganz vorn mit dabei sein. Und die größeren Fußballfans, das sind in
der Tat die Italiener. Ihnen liegt das so richtig im Blut, da haben wir keine Chance!“
Auch
dieses Mal gewinnen die Gendarmen – 2:1. Dennoch bereut keine der Zuschauerinnen,
dabei gewesen zu sein:
„Die Spielleistung hat streckenweise
etwas zu wünschen übrig gelassen. Dafür sind wir aber sehr herzlich aufgenommen und
bewirtet worden. Mit dem typischen Kafi-Luz, zum Beispiel. Kaffe mit Kirschwasser,
lecker!“ „Und wenn das eine Abseitstor der Garde, das eigentlich gar kein
Abseits war, gegolten hätte, dann hätte es mindestens unentschieden gestanden!“
Und
was meint das männliche Tribünenpublikum?
„Na ja, etwas
Elan hat halt gefehlt! Und mehr Lärm von der Zuschauertribüne.“ „Aber der
Teamgeist der Schweizer Garde hat mich sehr beeindruckt! Es ist total schön zu sehen,
wie die Jungs zusammen halten!“
Man hört munkeln, dass
sogar Kardinalstaatssekretär von einem eigenen Vatikanteam in der Serie A träumt.
Für den Anfang haben die Fans aber folgenden Vorschlag:
„Eigentlich
ist es an der Zeit, dass das Team von Radio Vatikan mal gegen die Schweizer Garde
antritt…“
Ein eigenes Team besitzt Radio Vatikan noch
nicht – aber was nicht ist, kann ja bekannterweise noch werden!