Pater Michael Sinnot
ist zurück bei seiner Arbeit im Kinderheim auf Mindanau in den Philippinen. Ende letzten
Jahres ging sein Name durch die Medien, als er vom 11. Oktober bis zum 12. November
in der Hand von Entführern war. P. Sinnot, 1929 in Irland geboren und Mitglied der
Kolumbani-Missionare, lebt seit den 50er Jahren auf den Philippinen, seit den frühen
80er Jahren in Pagadian auf der Insel Mindanau im Süden des Landes. Nach seiner Rückkehr
sprach er mit Radio Vatikan über seine Erfahrung während der Entführung aber auch
über sein Leben als Missionar auf den Philippinen, die ihn jetzt dazu gebracht hat,
nach der Erfahrung der Entführung wieder zurückzukehren in das Hilfsprojekt, das er
dort aufgebaut hat. Er hat sich immer als Missionar verstanden, die ganzen Jahre über,
nicht in dem Sinn des „Seelen rettens“, wie ihm das noch im Seminar beigebracht wurde.
Sondern als einer, der die gute Nachricht zu den Menschen bringt. Und von Irland auf
die Philippinen kommend, war das nicht einfach.
„Am Anfang war es ein mächtiger
Kulturschock, aber man gewöhnt sich daran. Aber ich muss auch sagen, dass egal wie
lange man hier ist, man die Kultur nie vollstänig verstehen kann. Man lernt sie sehr
gut kennen, aber Verstehen? Nein. Man wird immer wieder überrascht. Es ist eine Herausforderung,
diese Kultur schätzen zu lernen und nicht die eigene Kultur und die eigene Art zu
denken den Menschen auf den Philippinen überstülpen zu wollen.“
Zuerst
arbeitete er in Pfarreien in Pagadian, was heute nicht mehr nötig ist, da philippinische
Priester diese Aufgaben von den Missionaren weitgehend übernommen hat. Während dieser
Zeit hat er aber das Bedürfnis der Menschen entdeckt, etwas für besonders benachteiligte
Kinder zu haben.
„Ich habe schließlich 1998 ein Zentrum für behinderte Kinder
gegründet. Sie leben am Rand der Gesellschaft und selbst die Eltern wissen nicht,
was sie mit ihnen tun sollen und verstecken diese Kinder in den Häusern, weil sie
nicht wissen, wie sie am besten helfen. Als wir begonnen haben, gab es einem ersten
Überblick nach 37 behinderte Kinder in der Pfarrei und das war genug, um etwas größeres
für sie zu starten. Das erste, was die Eltern wollten, war natürlich eine Schule.
Dann aber haben sie mehr und mehr über ihre Kinder gesprochen. Zum ersten mal überhaupt
konnten sie über die Probleme reden zu Menschen, die zuhören wollten und die verstanden.“
Und
so wurde nicht nur den Kindern direkt geholfen, ihnen wurde auch ein Platz in der
Gesellschaft ermöglicht. Um 60 Kinder kümmert sich das Zentrum heute vor allem dadurch,
dass die Kinder eine Schulbildung bekommen, die ihnen angemessen ist, und dadurch,
dass ihnen beigebracht wird, so unabhängig wie möglich zu leben. Bekannt wurde dieses
Projekt natürlich vor allem durch die Entführung des Paters. Heute kann er gelassen
zurückblicken auf diese 32 Tage, die er in den Bergen unter offenem Himmel verbringen
musste.
„Erst mussten wir eine weile in die Berge hineinklettern und dann
ging es in die Sümpfe und wir hatten nur einige Planen, um uns gegen den Regen zu
schützen. Aber man kann sich an vieles gewöhnen und ich habe mich nach einer Weile
daran gewöhnt. Anfags war ich ein wenig ärgerlich auf Gott und ich fand es schwierig,
zu beten obwohl ich alle Zeit der Welt zum beten hatte. Aber ich hatte nicht das Gefühl,
dass der Herr mir nahe sei. Erst nach einigen Tagen kam das Gottvertrauen zurück.
Ich hatte nie wirklich Angst und ich war zuversichtlich, dass man mir nichts antun
würde.“
Wie nach der Entführung deutlich wurde, ging es nicht wie zuerst
angenommen um politische oder religiöse Auseinandersetzung. Im Gegenteil: auch die
muslimische Gemeinde in Pagadian hielt tägliche Gebete für den katholischen Missionar.
Es ging um Lösegeld. Nach der Entführung und trotz der Erfahrung dort, trotz seiner
Herzkrankheit und trotz seines hohen Alters von mittlerweile 80 Jahren ist er jetzt
wieder zurück in seinem Zentrum. Ist das nicht ein wenig verrückt?
„Das
ist mein Zuhause und mein Leben und ich denke, dass ich noch einige Jahre nützlich
sein kann. Ich würde gerne für so lange wie ich das kann etwas für die Kinder tun.
Und ich kann mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben. Gott hat mich benutzt,
um das Leben vieler Menschen anzurühren. Manchmal benutzt er wirklich sehr eigentümliche
Mittel und Wege wie mich, um das zu tun.“ (rv 8.2.2010 ord)