Individuelle Freiheit kann nicht auf Kosten glaubensgemeinschaftlicher Freiheit gehen.
Das unterstreicht Vatikansprecher Federico Lombardi in seinem Editorial für Radio
Vatikan. Der Jesuitenpater bezieht sich darin auf die aktuellen Debatten um die Anwendung
eines britischen Gleichstellungsgesetzes auch für kirchliche Einrichtungen. Das Gesetz
soll jede Form der Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung oder Religionszugehörigkeit
verbieten. Es sei nicht dieser Tatbestand, den der Papst ablehne. Der Papst befürchte
bei Anwendung des Gesetzes vielmehr „ungerechte Einschränkungen“ für Religionsgemeinschaften
in Großbritannien – weil sie dann in ihrer Entscheidungsgewalt etwa bei Personalfragen
eingeschränkt würden. Vatikansprecher Lombardi präzisiert: „Ernsthafte
Menschen verstehen sofort, dass es sich in keiner Weise um Einmischung der Kirche
in soziale und politische Dynamiken handelt, sondern um eine gebührende – und deshalb
auch mutige – Kundgebung ihrer Positionen im Dienste des Allgemeinguts. Der Oberrabbiner
Lord Sacks warnt vor einem ideologischen Gebrauch des Themas der Gleichheit der Rechte.
Das Thema werde bisweilen auch dazu benutzt Religionen zu attackieren, so Sacks. In
der Zeitung ‚The Times‛ schrieb er den klugen Kommentar: ‚Statt die Worte des Papstes
als unpassenden Eingriff zu verstehen, sollten wir sie eher als Stimulus benutzen,
um eine ehrliche Debatte darüber zu beginnen, wo die Grenze zwischen unserer individuellen
Freiheit und unserer Freiheit als Mitglieder der Glaubensgemeinschaft zu ziehen ist.
Die eine kann nicht auf Kosten der anderen errungen werden.‛ Nicht nur die Katholiken
sehen also das Problem: Es ist eine Frage, die alle betrifft. Man muss sie ehrlich
konfrontieren, wenn wir wirklich zusammen eine bessere Gesellschaft aufbauen möchten.“ Auch
die anglikanischen Bischöfe hatten die geplante Neuregelung kritisiert. Das Gleichstellungsgesetz
war Ende Januar im britischen Parlament mit 216 zu 178 Stimmen abgelehnt worden. Demnach
bleibt die bisherige Entscheidungsmacht der englischen Kirche über ihr Personal vorerst
unangetastet. Nach der britischen Parlamentsentscheidung war international Kritik
an der Kirche entflammt. So riefen die Sozialisten im Europaparlament den Vatikan
zur „Einhaltung der EU-Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsgesetze“ auf.