Der Erzbischof von
Berlin, Kardinal Georg Sterzinsky, will die Herausgeberschaft für die Kirchenzeitung
des Bistums zum Ende des Jahres aufgeben. Damit wird ein Konflikt sichtbar, der schon
länger zwischen dem Verlag der Zeitung und dem Bistum besteht. 2003 hatte der Erzbischof
die bestehenden Kirchenzeitungen eingestellt und den Kölner Verlag Christliche Familie
beauftragt, die „Katholische Sonntagszeitung für das Erzbistum Berlin“ herauszugeben.
Dieses Konstrukt führt nun zu einem Streit – und dies nicht zum ersten Mal. Berliner
Katholiken, vertreten vom Diözesanrat, kritisieren den Macher des Mantelteils; er
polemisiere in seinen Kolumnen gegen das Konzil und missbrauche die Zeitung für seine
eigenen theologischen Ansichten, etwa in anti-israelischen Kommentaren während des
Gaza-Krieges vor einem Jahr. Über die Aktivitäten des Diözesanrates werde seit dem
Konflikt schon gar nicht mehr berichtet. Wolfgang Klose, Vorsitzender des Diözesanrates
Berlin und damit des höchsten Laiengremiums des Bistums:
„Es ist unsere
Einschätzung, dass es da wirklich um eine politische Richtung geht, die bei uns im
Bistum nicht mitgetragen wird, und weniger um die Berichterstattung.“
Kardinal
Sterzinsky will die Vereinbarung mit dem Kölner Verlag nun beenden.
„Der
Erzbischof hat gesagt, dass er diese Konstellation verlässt und dass die Herausgeberschaft
zukünftig wieder bei ihm liegt. Wir überlegen jetzt gemeinsam mit dem Generalvikar
und mit der Arbeitsstelle Medien im Generalvikariat, was wir künftig an Medienpräsenz
im Erzbistum Berlin auf die Beine stellen können. Wir brauchen neben einer Kirchenzeitung
in gedruckter Form natürlich auch das Internet, wir brauchen auch andere Kommunikationswege,
und ich habe bei meinen Besuchen in den Dekanaten und Gemeinden festgestellt, dass
gerade die Sonntagszeitung ein Medium ist, bei dem man mitbekommt, was sonst noch
im Bistum läuft.“
Damit ist innerhalb kürzester Zeit – wenn auch aus ganz
verschiedenen Gründen – bereits die zweite Kirchenzeitung in die Schlagzeilen gekommen.
Erst kurz vor Weihnachten hatte der Bischof von Paderborn, Hans-Josef Becker, entschieden,
den Bistumsteil seiner Kirchenzeitung „Der Dom“ zukünftig nicht mehr von einer eigenen
Redaktion, sondern von der Nachrichtenagentur KNA machen zu lassen. Der Redaktion
war gekündigt worden. Der Geschäftsführer der Verlagsgruppe Bistumspresse, eines Zusammenschlusses
von fünf Kirchenzeitungsverlagen im Norden von Deutschland, Theo Mönch-Tegener, benennt
einen Grund für die momentanen Konflikte:
„Meines Erachtens nach ist das
zunächst mal Orientierungslosigkeit, Sich-nicht-vorbereitet-haben auf die Situation,
die eigentlich seit einigen Jahren zu erwarten gewesen ist, denn die Umbrüche sowohl
in der Kirche als auch in der Medienlandschaft sind ja nicht gerade erst gestern erfolgt.“
Aber
auch wenn viele kirchliche Institutionen und auch viele Kirchenzeitungen vor allem
aus finanziellen, wie in Berlin aber manchmal auch aus inhaltlichen Gründen in Frage
gestellt sind, sollte man an ihnen festhalten.
„Ich bin jedenfalls überzeugt,
dass es der Kirche bald leid tun würde, wenn es sie nicht mehr gäbe. Wir brauchen
Kirchenzeitungen vor allen Dingen für die interne Kommunikation, die Kommunikation
der Katholiken untereinander. Dort sind sie nach wie vor trotz aller Probleme relativ
erfolgreich und meiner Meinung nach bisher noch das Effizienteste, das Kirche überhaupt
hat, um regelmäßig mit den Katholiken in Kontakt zu treten.“
Damit stellt
sich natürlich die Frage, wie bei abnehmender Leserschaft und zunehmendem finanziellen
Druck die Zukunft der Kirchenzeitungen aussehen könnte. Oder können die Zeitungen
so weitermachen, wie bisher?
„Nein, auf keinen Fall. Mir scheint, dass die
Kirchenzeitungen sich entscheidend verändern müssen, und zwar in dreierlei Richtungen.
Zum einen müssen sie sich mehr in Richtung Magazine entwickeln, in denen man Kirche
erleben kann. Das Zweite ist, dass sie den Menschen aus dem Glauben begründete Lebenshilfe
anbieten müssen. Zum Beispiel, wie wir es hier in Osnabrück tun, bei der Erziehung
der Kinder, aber auch bei der Bewältigung des Lebens. Ich glaube auch, dass durch
die Gestaltung der Kirche durch Ehrenamtliche sie ein wesentliches Kommunikationsinstrument
sein kann. Und das dritte ist, dass wir sehr viel stärker diejenigen in den Blick
nehmen müssen, die zwar nicht mehr regelmäßig zur Kirche gehen, aber doch einen erkennbaren
Wunsch haben, der Kirche weiter anzugehören. Ich glaube, auch denen müssen wir mehr
bieten, als das wenige, das bisher von Kirche dort in der Kommunikation getan wird.“
Keine
Option könne sein, mit einer zu starken Profilierung eines Blattes die Lösung für
den Konflikt zu finden.
„Meine Meinung ist, dass es nicht vernünftig wäre,
Kirchenzeitungen ideologisch inhaltlich einseitig auszurichten. Egal, ob man sie stark
sozial, stark liberal oder stark konservativ ausrichten würde, man würde in jedem
Fall einen Teil der Leserschaft – und zwar keinen geringen – ausschließen. Das kann
nicht vernünftig sein. Deswegen sollte man sich bei Kirchenzeitungen an den Slogan
halten ‚auch in der Kirche gehen die Meinungen manchmal auseinander, aber bei uns
fließen sie zusammen’.“