Papst-Botschaft zur Fastenzeit: Den Trug der Selbstgenügsamkeit aufgeben
Das Thema Gerechtigkeit
steht für den Papst im Mittelpunkt der bevorstehenden Fastenzeit. Der Text wurde an
diesem Donnerstag im Vatikan vorgestellt, und zwar vom Päpstlichen Hilfswerk „Cor
Unum“ unter Leitung des deutschen Kardinals Paul Josef Cordes. Er sagte in der Pressekonferenz:
„Wie jedes Jahr fordert die Fastenbotschaft alle Menschen dazu auf, Gutes
zu tun. Benedikt drängt darin auf eine bessere Verteilung von Essen, Wasser und Medizin.
Nach dem schrecklichen Erdbeben in Haiti sehen wir die große Solidarität vieler Menschen
- aber die Worte des Papstes sind vor allem eine Herausforderung für unseren Willen,
sich Gott anzuvertrauen und an ihn zu glauben. Sie machen also das zum Thema, was
in der allgemeinen Diskussion über Gerechtigkeit und Frieden leicht vergessen und
verschwiegen wird. Einer solchen Selbst-Isolierung fernab von Gott – man könnte von
einem ‚durch die Säkularisierung verursachten Autismus des Menschen‛ sprechen – stellt
Papst Benedikt seinen entschiedenen Verweis auf Gott und dessen Angebot der Liebe
entgegen.“
Wir geben hier eine Zusammenfassung der Botschaft mit dem Titel
„Die Gerechtigkeit Gottes ist offenbart worden, aus dem Glauben an Jesus Christus“.
„Cuique
suum – Jedem das Seine“. Es ist (wohl eher zufällig) das Motto der Vatikanzeitung
„L`Osservatore Romano“, um das die Überlegungen Benedikts zunächst kreisen: Gerechtigkeit
bedeute zunächst mal, „jedem das Seine zu geben“. Allerdings könne die reine „Verteilungsgerechtigkeit“
dem Menschen nie erschöpfend das geben, was er im Tiefsten braucht - hier verweist
der Papst auf Gott.
Aber woher kommt denn dann die Ungerechtigkeit, fragt
Benedikt in einem zweiten Schritt. Viele moderne Ideologien suchten die Ursachen des
Bösen „außen“; dabei gehe das Böse in Wirklichkeit vom Menschen selbst aus. Es sei
ebenso „naiv“ und „kurzsichtig“ zu glauben, dass Ungerechtigkeit schon mit der Beseitigung
ihrer „äußeren Ursachen“ behoben wäre. Auf das Fasten bezogen könnte man diese Botschaft
so übersetzen: Maß und Fasten allein reichen nicht, es braucht innere Reinigung, um
gerecht und gut zu werden.
Kleine Besonderheit der diesjährigen Fastenbotschaft:
Benedikt macht eine deutliche Anleihe beim Judentum, genauer gesagt: im Alten Testament.
Gottesglauben und Gerechtigkeit gegenüber dem Nächsten gehörten zusammen – diese doppelt
verstandene „Tugend der Gerechtigkeit“ heiße auf hebräisch „Sedaqah“. Das Tun der
Nächstenliebe sei menschliche Erwiderung auf erfahrene göttliche Barmherzigkeit, schreibt
der Papst: So würden die Zehn Gebote nicht zufällig nach der mühevollen Durchquerung
des roten Meeres gegeben. Selbstgenügsamkeit und Unabhängigkeit, hält Benedikt weiter
fest, seien eine Illusion, ja sogar eine Quelle von Ungerechtigkeit. Gerechtigkeit
könne nur in Bezug auf Mitmenschen gelebt und erfahren werden.
Die christliche
Botschaft antworte positiv auf den „menschlichen Durst nach Gerechtigkeit“, so Benedikt
mit Bezug auf den Römerbrief. Wahre Gerechtigkeit und Buße würden hergestellt durch
das Kreuzesopfer Christi, das Zeichen der Liebe Gottes gegenüber den Menschen sei.
Der Unschuldige erfährt Gewalt, der Schuldige Gnade: Mit dieser scheinbaren Verkehrung
zeige sich dem Menschen die göttliche Gerechtigkeit. Angesichts dieses „ungeheuer
hohen Preises“, den Jesus für die Menschen gezahlt habe, sei Demut angebracht, so
der Papst.