2010-01-28 13:06:58

„Afghanistan braucht neue Strukturen!"


RealAudioMP3 Afghanistan hat an diesem Donnertag einmal mehr das besondere Augenmerk der Politik. Die internationale Gemeinschaft tagt in London zu der Frage, wie Befriedung und Stabilisierung in dem vom Krieg gezeichneten Land möglich sind. Die bisherige Afghanistan-Strategie, die auf starke internationale Militärpräsenz gesetzt habe, hat ausgedient, erklärt der Länderexperte von misereor, Herrmann Rupp, gegenüber Radio Vatikan:
„Weil der offensive Kampf gegen die Taliban sich erwartungsgemäß als kontraproduktiv herausgestellt hat. Aus unserer Perspektive dreht sich die Spirale der Gewalt immer weiter. Die Diskussion um eine Strategie für Afghanistan sollte nicht weiter aus militärischer Logik heraus geführt werden. Vielmehr muss der Unterstützung der zivilen Entwicklung unbedingter Vorrang eingeräumt werden. Das heißt Aufbau von tragfähigen Verwaltungsstrukturen bis in die Distrikte hinein, Korruptionsbekämpfung durch angemessene Bezahlung von Staatsdienern in Polizei, Verwaltung, Justiz etc. Und in Verbindung mit einer ordentlichen Rechenschaftsablegung für die Verwendung von Hilfsgeldern.“
Eine Tendenz in diese Richtung lasse sich auch aus der öffentlichen Diskussion der vergangenen Wochen und Monate in Deutschland ablesen. Nicht nur die Kirchen hätten den Bundeswehreinsatz scharf kritisiert und damit zu einem ehrlicheren Gespräch über Afghanistan beigetragen. Auch politische Stimmen, die in London entsprechendes Gewicht besäßen, hätten diesbezügliche Signale gesendet, betont Rupp:
„Das waren vor allen Dingen Signale dahingehend, dass das militärische Engagement nicht weiter in Richtung Kampfhandlung gehen soll, sondern in Richtung von lokalen, friedenserhaltenden Gewaltstrukturen, also Militär und Polizei. Und dass die Bundesregierung versucht, sich nicht dem Druck der Amerikaner zu beugen, mehr Truppenkontingente nach Afghanistan zu entsenden.“
Grundsätzlich sei es in der politischen Diskussion sinnvoller, nach neuen Begriffen für die Aufbauarbeit zu suchen und nicht vom „Wiederaufbau“ im Land zu sprechen, meint der Afghanistan-Experte:
„Weil dies eine Situation impliziert, wo man einen Status quo wiederherstellt, wie er zu einem früheren Zeitpunkt bereits bestanden habe. Wenn man aber bedenkt, dass 90 Prozent dessen, was derzeit an Strukturen in Afghanistan aufgebaut wird, bislang in dieser Form zumindest nicht vorhanden war, ist vielmehr von einer Entwicklung und einem Neuaufbau zu sprechen. Und das impliziert auch, dass man in wesentlich längeren Kontexten denken muss.“
Delegationen aus knapp 70 Ländern kommen in London zusammen, um über die Zukunft von Afghanistan zu beraten und einen Grundstein für den späteren Abzug der internationalen Truppen zu legen. An der Londoner Konferenz nehmen auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon und der afghanische Präsident Hamid Karzai teil.
(rv 28.01.2010 vp)








All the contents on this site are copyrighted ©.