Die Spendenbereitschaft
für die Erdbebenopfer in Haiti ist weltweit groß und auch zwei Wochen nach der Naturkatastrophe
noch ungebrochen. Die Abwicklung der beachtlichen Güter- und Personentransporte stellt
die Hilfsorganisationen allerdings vor große logistische Herausforderungen. Ein Knotenpunkt
für die Haitihilfe ist die italienische Hafenstadt Brindisi. Dominik Skala berichtet
über das Großunternehmen: Gabelstapler, Container, LKWs - im Hafen von Brindisi,
ganz in Flughafennähe, herrscht reges Treiben. Chaos, möchte man im ersten Moment
sagen. Aber hinter dem Lärm und Durcheinander steht ein ausgefeiltes logistisches
System. In einem Lagerzelt und riesigen Flugzeughangar lagern in haushohen Hochregalen
Hunderte Tonnen von Material für die Erstversorgung in Haiti. Hauptakteur ist das
Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen. Martin Badley leitet die Anfahrt und
Verladung der Güter im Notfalldepot Brindisi und beschreibt: „Das ist eine irre
Aufgabe. Das ist größer als alles, was wir bisher gemacht haben. Es ist buchstäblich
ein logistischer Albtraum.“ Nährstoffangereicherte Kekse wurden zum Beispiel
in den vergangenen Tagen tonnenweise nach Haiti transportiert, wo bislang die Möglichkeiten
zu der Zubereitung vollständiger Mahlzeiten fehlen. Aber auch Medikamente und Stromaggregate
werden verladen. Der Hilfseinsatz scheint auf vollen Touren. Badley: „Da sind
schon ziemlich viele Regale leer. Noch vor ein paar Tagen war das alles voll. Das
hier zum Beispiel sind faltbare Trinkwassertanks, alle platzsparend verpackt. Die
wiegen wenig - dieses Material kann sofort ausgeflogen werden.“ Brindisi war
das erste Großdepot dieser Art. Inzwischen gibt es mehrere ähnliche Projekte. Koordiniert
werden sie von einer Zentrale in Rom aus; Zwischenlager ist Panama. Die Logistik organisiert
Giuseppe Saba: „Nach dem Tsunami haben wir gemerkt, dass es nichts bringt, nur
von Brindisi aus zu starten. Die Kosten für Flüge nach Lateinamerika oder Südostasien
wären einfach zu hoch gewesen. Wir haben gemeinsam mit anderen beraten, und so entstand
der Plan, ein Netzwerk aufzubauen, das fünf Hilfdepots und logistische Basen an strategischen
Punkten in der ganzen Welt umfasst.“ Koordination und Kooperation ist alles.
Das findet auch der Leiter von Caritas International Deutschland, Oliver Müller. Ein
Hilfseinsatz mit der Dimension der Haitihilfe fordere minutiöse Planung und Durchführung: „Die
Logistik ist nach wie vor ein großes Problem, was Haiti betrifft. Zusammen ist es
wesentlich einfacher. Wir arbeiten in verschiedenen Bereichen zusammen: Gesundheit,
jetzt auch Wiederaufbau. Aber die Verhältnisse in Haiti sind nach wie vor sehr schwierig.
Insgesamt kann man schon ein positives Fazit ziehen: Die Hilfe kommt an, es wird jeden
Tag besser. Und was den Transport von Hilfsgütern betrifft, hat sich die Lage inzwischen
weitgehend normalisiert.“ In der unmittelbaren Zeit nach der Katastrophe hat
man bei Caritas International auf den Luftweg gesetzt. Das sei auf Dauer aber nicht
finanzierbar, sagt Oliver Müller. Für die mittel- und langfristige Hilfe, vor allem
der Materialien zum Wiederaufbau, wähle man andere Transportwege. „Wir setzen
jetzt darauf, Hilfsgüter in der Dominikanischen Repunlik, also dem anderen Teil der
Insel zu beschaffen. Das geht sehr gut, diese Hilfsgüter werden dann auf dem Landweg
von Santo Domingo nach Port-au-Prince gebracht. Und wir haben gleichzeitig in der
Region, also in Panama, Wellblechdächer und andere Hilfsgüter für den Wiederaufbau
schon bestellt, die mit dem Schiff nach Port-au-Prince gebracht werden. Das sind große
Volumen, aber das ist ein sehr preisgünstiger Transport, und die Dinge sind demnächst
da. Damit kann dann der Wiederaufbau begonnen werden.“ In Brindisi dauern unterdessen
die Beladungen und Verschiffungen an. Dabei ist mit einer bloße Menge an Hilfsgütern
noch nichts über die Qualität der Hilfe ausgesagt. Auf vielerlei Ebenen muss unterstützt
werden. Oliver Müller differenziert nochmals abschließend: „Es sind zum Teil
viele Container voll, was das Bauholz, die Wellblechdächer und das Werkzeug betrifft.
Andererseits sind die Gesundheits-Kits, also die Zusammenstellung von Medikamenten,
von wesentlich kleinerem Volumen, aber genauso teuer. Wir reden da von vielen hundert
Tonnen, was die Wiederaufbaumaterialien betrifft...“ (rv 28.01.2010 vp) Wir
danken dem ARD-Studio Rom, dass es uns Audio-Material aus Brindisi zur Verfügung gestellt
hat.