Im Fokus der Amtsführung
des neuen serbisch-orthodoxen Patriarchen Irinej von Nis wird die Frage des Kosovo
stehen. So lautet die Einschätzung des Salzburger Kirchenhistorikers und Ostkirchen-Experten
Dietmar Winkler. Das Patriarchenamt in der serbischen Kirche sei ein „eminent politisches
Amt“, so Winkler.
„Mir scheint, dass er in der Hinsicht ein Kompromisskandidat
ist zwischen zwei Strömungen innerhalb der Orthodoxie: einer liberaleren und einer
stärker orthodoxen Linie. Aber bei der Antrittsrede hat er die Erhaltung des heiligen
Kosovo innerhalb Serbiens als eine Hauptaufgabe der Kirche unter seiner Führung genannt,
und da wird man nun genau beobachten müssen, wie das weitergeht.“
Die serbische
Seele sei grundsätzlich orthodox geprägt. Der Kosovo gelte in dieser Hinsicht als
ein wichtiges Moment der kulturellen Identität für die serbische Orthodoxie, sagt
Winkler.
„Es ist serbisch-orthodoxes Zentralland, historisch gesehen. Und
auf der anderen Seite ist es aber nun mehrheitlich von Albanern bewohnt. Das ist sicher
ein wichtiger politischer Knackpunkt für das kommende Patriarchat - wie auch für alle
folgenden Patriarchen der serbischen Orthodoxie.“
Diese Region werde auch
vom neuen Patriarchen als „eigentliches serbisch-orthodoxes Kernland“ begriffen. Obwohl
man den neuen Patriarchen als „Übergangskandidat“ werten könne, werde es politisch
interessant werden, ob er die Linie seines Vorgängers Pavle fortführen werde, die
eine Gratwanderung zwischen Friedensappellen und einer scharfen Kritik an der Unabhängigkeit
des Kosovo war. Der Kosovo erklärte 2008 seine Unabhängigkeit; sie wird bislang von
nur 65 der 192 UNO-Mitgliedstaaten anerkannt.