Wenn es nach Wladimir
Putin geht, erhält die orthodoxe Kirche von Russland einen Großteil ihres zu Sowjetzeiten
enteigneten Besitzes zurück. Dabei geht es nicht nur um zahlreiche Immobilien wie
Kirchen und Klöster, sondern vor allem auch um einen reichen Fundus an kostbaren Ikonen.
Christine Hahn hat über dreißig Jahre als Galeristin in Regensburg mit Ikonen gehandelt.
Ihre Arbeit hat sie immer wieder nach Russland geführt. Die Absichten Putins bewertet
sie so: „Einmal will natürlich der russische Staat der Kirche etwas zurückgeben,
was er der Kirche unrechtmäßig entwendet hat. Es ist so etwas wie eine Wiedergutmachung.
Deshalb ist es ganz wichtig, dass die Ikonen in die einzelnen Kirchen wieder zurückkommen.
Dann kommt der Punkt hinzu, dass diese Ikonen natürlich gepflegt und erhalten werden
müssen. Und da glaube ich, dass der russische Staat zurzeit einfach kein Geld dazu
hat. Die Kirche aber hat ihre Leute, die die Ikonen dann restaurieren und herrichten.“ Die
Museumsdirektoren des Landes, meint Hahn, müssten die Rückgabe der religiösen Kunst
nicht fürchten: „Ich kann mir vorstellen, dass sie noch sehr viele Ikonen haben,
die niemand kennt. Die in irgendwelchen Räumen liegen, die niemand anschaut. Das können
wir uns gar nicht vorstellen. Aber man muss sich überlegen, dass es in diesem Riesenreich
in jedem Haushalt im Schnitt sechzehn bis achtzehn Ikonen gegeben hat. Dann kann man
sich vorstellen, wie viele Bilder noch da sein müssen. Und ich glaube, dass es schon
sehr wichtig wäre, dass diese Bilder wieder an die Luft und in die Kirchen kommen.
Vorausgesetzt, die orthodoxe Kirche handhabt das auch so. Nicht, dass die Ikonen jetzt
über Umwege zu uns nach Deutschland kommen. Das wäre nicht der Sinn der Sache.“ Denn
die Ikonen seien identitätsbildend für das Selbstbewusstsein der russischen Bevölkerung:
„Es geht bei den Menschen nicht ohne Ikonen. Sie haben sie zu Hause – das ist fast
wie ein Kind, das man auch nicht einfach weggibt. Und in den Kirchen ist das einfach
das Schönste, was man sieht, wenn man hineinkommt. Die Ikonen und dazu die Kirchenmusik,
das ist einfach ein Bestandteil, der für den orthodoxen Glauben und die Kirche dazu
gehört.“ Die religiösen Kunstschätze, die jetzt in den Besitz der russisch-orthodoxen
Kirche zurückgeführt werden sollen, waren ihr 1917 unter der Bolschewiken-Herrschaft
enteignet worden. Putin habe ein entsprechendes Restitutionsgesetzt bereits auf den
Weg gebracht, so die Moskauerzeitung „Kommersant“. (rv 21.01.2010 vp)