Haiti: Neue Herausforderungen an Hilfsorganisationen
Die Haitianer sind
überaus dankbar für die internationale Soforthilfe. Die befürchteten Plünderungen
und Unruhen bleiben aus oder halten sich in Grenzen. Dieses Bild zeichnen Hilfskräfte
auf Haiti nach dem Nachbeben mit der Stärke 6,1 auf der Richterskala, das die Insel
an diesem Mittwoch erschüttert hat. Marwin Meier ist für die Organisation „World Vision“
in Port-au-Prince zuständig. Gegenüber dem Kölner Domradio beschreibt er die derzeitige
Lage folgendermaßen:
„Wir machen uns Sorgen um die Menschen in Port-au-Prince,
denn viele der Gebäude, die jetzt noch standen, waren schon sehr brüchig und baufällig.
Wir befürchten, dass jetzt noch mehr Menschen gestorben sind unter einstürzenden Gebäuden,
die noch nicht abgesichert waren. Ich schätze aber, dass das Nachbeben nicht so viele
Opfer fordern wird, da viele Menschen aus Angst noch nicht in ihre Häuser zurückgekehrt
waren.“ Neben der akuten Gefahr durch die erneuten Erschütterungen stünden
aber auch die sozialen Strukturen vor Ort vor eine Zerreißprobe. Das betont Georg
Nothelle von „Malteser International“. Er ist seit einer Woche auf Haiti:
„Allein
durch die sozialen Spannungen in Haiti ist schon ein Potential an Gewalt und Kriminalität
da. Durch die Notlage verschärft sich die Situation noch weiter. Ausschreitungen sind
sogar nachvollziehbar, wenn es Tage nach dem Beben noch keine Versorgung mit Lebensmitteln
und Trinkwasser gibt. Diese Unruhen sind aber punktuell. Insgesamt ist die haitianische
Bevölkerung sehr dankbar und froh, dass wir da sind und leitet alles Notwendige in
die Wege, um uns zu helfen.“ Und dennoch sei durch das Nachbeben keine Panik
ausgebrochen. Nothelle:
„Man kann sagen, dass es hier bisher normal weiter
läuft. Die Leute sind nicht sonderlich irritiert, auch wenn es ein schwerer Schreck
in der Morgenstunde war. Was jetzt aber noch verstärkt von der Regierung angefordert
wird, sind keine Ärzte, sondern Pflegekräfte. Ansonsten ist hier schon durch den Ansturm
der Hilfskräfte ein Flaschenhals entstanden. Und das macht die Koordination schwierig.
Daraus ergeben sich Verzögerungen.“ Das Nachbeben kam acht Tage, nachdem ein
Erdbeben der Stärke 7 den Karibikstaat verwüstet hatte. Die internationalen Hilfsorganisationen
appellieren weiter an die Menschen, Solidarität zu zeigen und zu spenden, um koordiniert
und nachhaltig Hilfe leisten zu können. Der Botschafter der Dominikanischen Republik
beim Heiligen Stuhl, Víctor Manuel Grimaldi Céspedes, hat unterdessen gegenüber Radio
Vatikan betont, dass sein Land Haiti weiter in freundschaftlicher Solidarität unterstütze.
„Alle Menschen in Lateinamerika und allen voran die Menschen der Dominikanischen
Republik, stehen den Menschen in Haiti und der Regierung in diesen schwierigen Tagen
bei. Hierfür ist die moralische Orientierungshilfe, die Papst Benedikt gegeben hat,
bindend. Der Wiederaufbau von Haiti ist unsere gemeinsame Pflicht.“ Die Dominikanische
Republik hatte den Nachbarstaat in den Tagen nach dem Beben durch Hilfsgüter und den
Einsatz von humanitären Helfern gestärkt. (domradio/rv 21.01.2010 vp)