Vatikan: Kardinal Kasper: „Synagogenbesuch markiert Neuanfang“
Als „Neuanfang nach
langer Zeit der Differenzen und Schwierigkeiten“ bewertet der Ökumene-Verantwortliche
des Vatikans Papst Benedikts Besuch in der römischen Synagoge am vergangenen Sonntag.
Kardinal Walter Kasper traf in den letzten Tagen in Rom mit der Dialogkommission und
Vertretern des israelischen Judentums zusammen. Im Interview mit Radio Vatikan sagte
er über den Synagogenbesuch des Papstes:
„Beide Seiten haben Entschiedenheit
gezeigt, auf diesem Weg weiterzugehen, nicht nur akademisch verstanden, sondern im
Sinne eines Werteaustausches. Ich halte für wichtig, was der Papst über die zehn Gebote
gesagt hat. Sie sind ein gemeinsames Erbe, ein Erbe der Menschheit. Die Welt braucht
heute solche Leitlinien. Sicher – es gibt Differenzen zwischen Juden und Katholiken,
die vielleicht ewig bleiben werden, es gibt auch ganz konkrete Probleme. Was aber
den Unterschied macht: Ob man diese Probleme in einer Atmosphäre der Feindschaft oder
der Freundschaft löst. Wir haben Vertrauen aufgebaut. Dieser Besuch bedeutet Stärkung
des Dialogs und ist ein Neuanfang.“
Auch die offenen Fragen zu Papst Pius
XII. seien kein wirkliches Hindernis für eine Fortsetzung des Dialogs, so der Kardinal.
Der Präsident der jüdischen Gemeinde von Rom, Riccardo Pacifi, hatte in seiner Synagogenrede
das „schmerzende Schweigen Pius XII.“ erwähnt und eine Öffnung der noch teils geschlossenen
Archive zu dem umstrittenen Papst gefordert. Kardinal Kasper dazu: „Es
kam zwar das Problem Pius XII. zur Sprache, aber auf friedliche Weise, und ich denke,
es wird historisch eine offene Frage bleiben. Der Papst hat sich in seiner Rede sehr
klar gegen alle Formen des Antisemitismus ausgesprochen und betont, den Dialog zu
fortzuführen.“
In der Synagoge habe er sehr viele „bewegende und ermutigende
Szenen“ erlebt, so Kasper. Vor allem das Zusammentreffen mit Überlebenden des Holocaust
sei eindringlich gewesen. Im Interview mit Radio Vatikan äußerte sich der Kardinal
dann auch zu weiteren Fragen der Ökumene: „Ein hoffnungsvolles
Zeichen für die Zukunft ist der Dialog mit den orthodoxen Kirchen. Wir haben da in
den letzten zehn Jahren gute Fortschritte gemacht und wir hoffen, das geht so weiter.
Es ist Freundschaft und Vertrauen entstanden. Positiv sind dabei die regelmäßigen
Treffen der Vertreter beider Konfessionen und die spirituelle Abgleichung auf beiden
Seiten. Das ist Ökumene an der Basis, die aber auf unseren theologischen Dialog rückwirkt.“