Türkei: Kritik an Medienrummel um Agca-Freilassung
Die Kommission für Menschenrechte des türkischen Parlaments hat die Berichterstattung
der Medien über die Freilassung des Papstattentäters Mehmed Ali Agcas kritisiert.
Über ihn zu reden, wie über einen Helden, sei inakzeptabel, so die Kommission in einem
offenen Brief an Verwandte getöteter türkischer Intellektueller. Das sei ein Verbrechen
gegen die Menschlichkeit. Die Freilassung von Agca verkomme zu einer Show, so die
Kommission weiter. An diesem Montag war Agca nach verbüßter Haftstrafe aus dem Gefängnis
entlassen worden. Nach seiner Entlassung und bei einer Pressekonferenz in einem Hotel
war es zu tumultartigen Szenen gekommen. Seine Anhänger hatten ihn mit Musik und Hochrufen
empfangen und damit öffentliche Proteste ausgelöst. Sein Weg führte Agca allerdings
nicht geradewegs in die Freiheit. Der 52-Jährige wurde von Polizisten zunächst zur
Musterungskommission ins Militärkrankenhaus nach Ankara gefahren, da er seinen Wehrdienst
noch nicht abgeleistet hat. Seine religiösen Überzeugungen hinderten ihn daran, eine
Waffe in die Hand zu nehmen, ließ der Attentäter über seine Anwälte verlauten. Eine
frühere Untersuchung hatte ergeben, dass Agca wegen antisozialer Persönlichkeitsstörungen
für die Vaterlandsverteidigung unbrauchbar sei. Diesen Eindruck zu verstärken, bemühte
sich Agca offenbar auch am Tag seiner Freilassung. In einer handschriftlichen Erklärung,
die er von seinen Anwälten verteilen ließ, rief er sich selbst zum wiederholten Male
zum Messias aus. Die Bibel sei voller Fehler, schreibt Agca in seiner fünf Punkte
umfassenden Erklärung auf Englisch. Er selbst werde nun eine fehlerfreie Version verfassen.
- Nach Aussagen seiner Anwälte habe Agca bereits Angebote aus Hollywood und von mehreren
Medienunternehmen, die Interesse an seiner Autobiographie bekundet hätten. Agca werde
allerdings ausschließlich über sein Attentat auf Papst Johannes Paul II. sprechen,
nicht aber über den 1979 ebenfalls von ihm verübten Mord an dem türkischen Journalisten
Abdi Ipekci, so die Anwälte weiter.