2010-01-16 13:47:47

Töpfer: „Helfen in Haiti - Jetzt handeln“


Armut verstärkt die Folge einer Naturkatastrophe. Darauf weist der deutsche Politiker Klaus Töpfer in seinem Wochenkommentar für Radio Vatikan hin. Als Vizepräsident der Welthungerhilfe wiße er von Mitarbeitern in Haiti, dass die Spenden Menschenleben retten und Hoffnung nicht ganz untergehen lassen.

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Dramatische Bilder gehen um die Welt, - Bilder des Grauens, des Entsetzens – Bilder, die uns erschüttern – sie lösen Mitleid und Trauer aus, konfrontieren uns mit der Verletzlichkeit der Menschen gegenüber der Naturgewalten. In Haiti – das stärkste Erdbeben seit vielen Jahrzehnten – die Hauptstadt liegt in Trümmern. Leichen auf den Straßen – Verwesungsgeruch – ziellos herumirrende Menschen – Mütter scharren mit ihren Händen, suchen ihre Kinder – unfassbar menschliches Leid.

Um die ganze Welt herum ein Aufschrei des Entsetzens – eine Welle der Hilfsbereitschaft. Wo immer möglich sollten auch wir helfen – sollten die unterstützen, die bereit sind, im Katastrophengebiet Hilfe zu leisten, Not zu lindern – sollten den Menschen Zeichen der Hoffnung, der Gemeinsamkeit geben. Menschen, die ihr eigenes Leben verlieren – die Helfer – immer wieder in den Krisengebieten – im Sudan – in Afghanistan.

Herzlich sei denen gedankt, die mit ihren Spenden helfen. Als Vizepräsident der Welthungerhilfe weiß ich von unseren Mitarbeitern in Haiti, dass diese Spenden, diese Spenden des Mitleidens, der Menschlichkeit, der spontanen Hilfe, Menschenleben retten und Hoffnung nicht ganz untergehen lassen. Wiederum sind es die Kirchen, sind es die Hilfswerke der Kirchen, die Verantwortung übernehmen – deus caritas est – Gott ist die Liebe – die erste Enzyklika von Benedikt XVI. Nächstenliebe auf dem Prüfstand.

Soforthilfe ist das Gebot der Stunde: Nahrungsmittel – medizinische Hilfe – Schutz vor Seuchen – Trinkwasser! Nicht diskutieren – handeln – und helfen.

Eine derartige Naturkatastrophe macht deutlich: Armut und Unterentwicklung verstärken die Folgen dieser Katastrophe, damit das Menschliche Leid dramatisch. Haiti – das ärmste Land der „westlichen“ Welt – kaum regiert oder verwaltet – es fehlt an allem. Wo bereits in „normalen“ Zeiten die Wasserversorgung kaum gewährleistet ist, wo die Stromversorgung gänzlich fehlt oder immer wieder zusammenbricht – wo staatliche Behörden kaum für Ordnung im weitesten Sinne sorgen können – dort, wo die Gesundheitsversorgung, wenn es diese für die Ärmsten überhaupt gibt, äußerst mangelhaft ist – dort wird eine Naturkatastrophe unendlich viel mehr menschliches Leid zur Folge haben. In den dicht besiedelten, oft an rutschgefährdeten Hängen notdürftig aufgebauten Slumsiedlungen – dort werden ganze Siedlungen weggerissen und mit ihnen tausende von Menschen – sie werden begraben von dem Abfall, aus dem ihre eigenen Hütten gebaut waren. Die Soforthilfe muss also einmünden in einen Aufbau, der die Chance zu schrittweiser Überwindung von Armut erkennt und gezielt nutzt.

Darüber hinaus: Vorsorge ist zwingend geboten. Ein Frühwarnsystem für solche Städte und Gebäude, von denen man weiß, dass sie besonders gefährdet sind gegenüber der unterschiedlichsten Naturkatastrophen. Gebäude, die wie Kartenhäuser zusammenfallen, oft auch deswegen, weil als Folge von Bestechung und Bereicherung ungeeignete Baumaterialien eingebaut werden und statische Standards unbeachtet bleiben. Die Naturkatastrophe wird durch Verantwortungslosigkeit von Menschen entscheidend verstärkt. Armut, Hoffnungslosigkeit – bleibende Herausforderungen für uns – solidarische Vorsorge.

So wie mit Kleinstkrediten in den Entwicklungsländern Eigeninitiativen gefördert und der Weg aus der Armut geebnet wird, so können und müssen durch neue Versicherungsmodelle, durch Mikroversicherungen, auch Vorsorge getroffen werden gegen Schäden. Solche Versicherungen fordern auch vorsorgliches Sicherheitsdenken ein – stärken Verantwortung.

Der Kampf gegen Armut – er ist auch Vorsorge gegen das Menschliche Leid als Folge von Naturkatastrophen. Diese Katastrophen werden in ihren Auswirkungen auf die Menschen durch Armut verstärkt. Immer wieder lernen wir diese Lektion. Bei den vielen Wirbelstürmen in der Karibik bis nach New Orleans hin, beim Tsunami und bei den El-Nino-Ereignissen. Immer wieder die Erkenntnis – immer wieder die traurige Bestätigung, dass es immer besonders die ärmsten der Armen sind, die leiden. Nur selten konsequentes Handeln zur Vorsorge.

Soforthilfe ist christliche Verantwortung, ist Mitleid, ist Menschlichkeit. Mit Blick auf die stark beschädigte Kathedrale in der Hauptstadt von Haiti werden wir auch erinnert und gemahnt: - Soforthilfe: Das ist auch ein gläubiges Gedenken der Opfer. Soforthilfe: Das ist auch, in den heimischen Pfarrkirchen eine Kerze anzünden – Soforthilfe: das ist auch ein Gebet für die Opfer.

(rv 16.01.2010 mg)







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