24 Jahre ist es her,
dass der Bischof von Rom die jüdische Gemeinde dort besuchte. Nach der historischen
Premiere von Johannes Paul II. wird Papst Benedikt am kommenden Sonntag der römischen
Synagoge einen Besuch abstatten. In der jüdischen Gemeinde laufen unterdessen die
letzten Vorbereitungen, so auch im Museum, das in der Synagoge untergebracht ist.
Dort wird der Papst eine Ausstellung eröffnen.
„Dieser Besuch ist sicherlich
ein sehr, sehr wichtiger Stein im jüdisch-katholischen Dialog“, sagt Museumsdirektorin,
Daniela Di Castro. „Die römischen Juden und die Krönungszeremonie der Päpste“ heißt
die von ihr und ihren Mitarbeitern vorbereitete Ausstellung, die Benedikt eröffnen
wird. Unter anderem zeigt sie Dokumente eines weniger schönen Kapitels in den Beziehungen
zwischen Kirche und den stadtrömischen Juden. Di Castro:
„In der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts verlieren die Juden Roms ihre Bürgerrechte und werden
in ein eigenes Viertel, das so genannte Ghetto, eingeschlossen. Dennoch dürfen sie
weiterhin an der Krönungszeremonie des Papstes teilnehmen. Das ist von großer Bedeutung,
denn damit bleiben die Juden gewissermaßen römische Bürger, obwohl man ihnen de facto
die Bürgerrechte aberkannt hatte und sie so zu einer Art Bürger zweiter Klasse degradierte.
Sie hatten die Aufgabe für die Papstkrönung einen bestimmten Straßenzug zu dekorieren
mit Manifesten, auf denen Bibelsprüche standen.“ Das jüdische Viertel in Rom
liegt im Herzen der Altstadt am östlichen Tiberurfer. Hier siedelte die jüdische Gemeinde
seit dem frühen Mittelalter. Ihre Geschichte ist aufs engste mit der der Ewigen Stadt
verwoben, und das seit der Antike. Es war Papst Paul IV. der mit seiner Bulle Cum
nimis absurdum den römischen Juden 1555 ihre Rechte aberkannte. Von da an mussten
sie isoliert in einem ummauerten Viertel, dem Ghetto, leben. Nachts wurde es abgeschlossen.
Die Diskriminierung endete erst 1870. Dann wurde Rom Hauptstadt des vereinten italienischen
Königreichs und unterlag nicht mehr dem politischen Machtbereich der Päpste.
Papst
Benedikt besucht die Synagoge am 17. Januar. An diesem Datum feiern die römischen
Juden traditionell den „Mo’ed di piombo“ – das so genannte „bleierne Fest“, erklärt
der Präsident der jüdischen Gemeinde, Riccardo Pacifici:
„Dabei erinnern
wir an ein Wunder, dass sich 1793 im römischen Ghetto ereignete, also während eines
dunklen Moments in der Geschichte der stadtrömischen Juden. Denn sie waren von den
Päpsten im Ghetto eingeschlossen. Bei einem Volksaufstand wurde das Ghetto in Brand
gesteckt. Doch dann zogen bleierne Wolken auf und es fing in Strömen an zu regnen.
Damit wurde eine Katastrophe verhindert.“ Seitdem ist nicht nur viel Wasser
den Tiber herunter gelaufen. Auch das Verhältnis zwischen Kirche und jüdischer Gemeinde
ist ein anderes, betont Gemeindepräsident Pacifici:
„Die Tatsache, dass
diese Begegnung in einem völlig anderen Klima stattfindet und zudem am Tag des Dialogs
zwischen Juden und Katholiken, zeigt, dass wir im Verlauf der Jahrhunderte auf unserem
gemeinsamen Weg doch sehr viel weiter gekommen sind. Jetzt stellt sich uns die Aufgabe,
ihn zwar mit einem Blick auf die Vergangenheit fortzusetzen, aber das ohne jegliche
Absicht der Revanche.“ Gemeinsam sollten sich Katholiken und Juden darum bemühen,
Brücken zu Bauen. „Wir sollten“, sagt Pacifici, „unseren Kindern eine bessere Welt
hinterlassen“,…
„…indem wir ihnen zeigen wie die Konfessionen gemeinsam
für das Wohlergehen der Gesellschaft arbeiten können, ohne den jeweils anderen zu
den eigenen Glaubensüberzeugungen bekehren zu wollen. Dabei müssen wir auch mit Nichtgläubigen
oder anderen Religionen zusammenarbeiten. Deshalb haben wir zu dem Treffen mit dem
Papst auch moderat islamische Vertreter eingeladen.“
Dialogbereitschaft,
Freundschaft und Verbundenheit – das will auch der Papst mit seinem Besuch in der
Synagoge ausdrücken, betonte der Vatikan. Unterstreichen will Benedikt das mit einer
besonderen Geste. Er wird im Garten der Synagoge einen Baum pflanzen. Der Präsident
der Gemeinde Pacifici:
„Nach der hebräischen Symbolik verweist der Baum
auf die Kontinuität des Lebens nach dem Tod. Dass vom Papst eine für uns so bedeutende
Geste kommt, im Garten der Synagoge einen Baum zu pflanzen, ich glaube, das könnte
ein sehr bedeutsamer Moment werden.“ Ein Moment des Dialogs der auch dorthin
ausstrahlen soll, wo es keine Religionsfreiheit gibt. Immer noch gebe es zu viele
Länder, wo es bedeute, sein Leben aufs Spiel zu setzen, wenn man eine Kirche oder
Synagoge baut, so Riccardo Pacifici:
„Ich denke, wenn von dieser Begegnung
in Rom eine starke Botschaft für die Religionsfreiheit in diesen Ländern ausgeht,
dann haben wir sicherlich einen weiteren Schritt für die Freiheit aller Menschen getan.“ (rv
15.1.2009 ad)