Papst an Diplomaten: Schöpfung zu bewahren ist Basis für Frieden und Gerechtigkeit
„Der Schutz der Schöpfung
ist ein wichtiger Faktor für den Frieden und die Gerechtigkeit.“ Das hat Papst Benedikt
XVI. bei seiner traditionellen Neujahrsaudienz für die beim Vatikan akkreditierten
Diplomaten aus mehr als 150 Staaten betont. Das Thema Schöfpungsverantwortung stand
damit einmal mehr im Mittelpunkt der Überlegungen des Papstes. In seiner Ansprache
an die Botschafter beim Heiligen Stuhl prangerte er politische und wirtschaftliche
Widerstände im Kampf gegen die Umweltverschmutzung an und warnte vor einer „egoistischen
und materialistischen Mentalität“, die die Schöpfung bedrohe.
Die Umweltproblematik
ist ein „Prisma mit vielen Seiten“ und muss daher in ihrer Komplexität angegangen
werden, sagte der Papst den in der Sala Regia versammelten Diplomaten mit Sorge und
Nachdruck. Er bedauere das Scheitern der Kopenhagener Klimakonferenz, betonte Benedikt
gleich zu Beginn. Umso mehr hoffe er, dass es bei den 2010 anstehenden Klimakonferenzen
in Bonn und Mexiko-Stadt zu einer wirksamen Einigung komme. Gewaltsame Konflikte,
Armut, Wirtschafts- und Umweltkrise – all diese Probleme hingen im Kern zusammen,
führte der Papst weiter aus:
„Die Wurzeln dieser Situation sind – für alle
offensichtlich – moralischer Natur, und die Problematik muss im Rahmen einer großen
erzieherischen Anstrengung angegangen werden, um einen wirksamen Gesinnungswandel
zu fördern und neue Lebensweisen zu etablieren.“ Mit dem Klimawandel stehe
das Schicksal ganzer Länder auf dem Spiel, insbesondere der kleinen Inselstaaten,
warnte der Papst. Die Verantwortlichen forderte er daher zu einem gerechten, solidarischen
und weitblickenden Handeln auf. Auch nannte er konkrete Maßnahmen:
„Ich
möchte nochmals unterstreichen, dass die Bewahrung der Schöpfung einen korrekten Umgang
mit den natürlichen Ressourcen der Länder und in erster Linie jener, die wirtschaftlich
benachteiligt sind, erfordert.“ Nötig seien zudem Produktionsformen in Landwirtschaft
und Industrie, die „den primären Bedürfnissen aller Rechnung tragen“. Es könne nicht
sein, „dass einige die für alle bestimmten Güter für sich allein in Anspruch nehmen“.
Der Zugang zu natürlichen Rohstoffen sei vor allem auf dem afrikanischen Kontinent
die Ursache vieler Konflikte. Dasselbe gelte für Afghanistan und die Länder Lateinamerikas,
wo die Landwirtschaft mit der Drogenproduktion in Verbindung stehe. Benedikt: „Wer
den Frieden will, muss die Schöpfung durch die Umstellung solcher Tätigkeiten bewahren,
und ich möchte die internationale Gemeinschaft einmal mehr darum bitten, sich nicht
mit dem Drogenhandel und den durch Drogen hervorgerufenen schwerwiegenden moralischen
und sozialen Problemen abzufinden.“ Als Bedrohung für Frieden wie Schöpfung bezeichnete
der Papst zudem die wachsenden Ausgaben für Militär und atomare Rüstung.
„Dafür
werden enorme wirtschaftliche Ressourcen in Anspruch genommen, die sonst für die Entwicklung
der Völker, insbesondere der ärmsten, verwendet werden können.“ Daher setze
er große Hoffnungen auf die New Yorker Konferenz, bei der im kommenden Mai der Atomwaffensperrvertrag
überprüft werden soll, so der Papst. Er erwarte „wirksame Entscheidungen im Hinblick
auf eine fortschreitende Abrüstung“.
Auf viele Herausforderungen, vor die uns
die Schöpfungsverantwortung stelle, könne die Menschheit „nur mit der internationalen
Solidarität antworten“, betonte Benedikt weiter. Darüber hinaus seien Eintracht und
Stabilität der Länder grundlegend. Der einzige Weg bei Unstimmigkeiten sei der „konstruktive
Dialog“. Als Beispiel nannte der Papst jüngste diplomatische Errungenschaften zwischen
Ecuador und Kolumbien, Kroatien und Slowenien sowie Armenien und der Türkei. Wie bereits
in seiner Weihnachtsbotschaft, rief er erneut nachdrücklich zum Frieden in Nahost
auf: „Einmal mehr erhebe ich meine Stimme, damit das Existenzrecht des Staates
Israel sowie sein Recht, sich innerhalb seiner international anerkannten Grenzen des
Friedens und der Sicherheit zu erfreuen, von allen akzeptiert wird. Ebenso soll das
Recht des palästinensischen Volkes auf eine souveräne und unabhängige Heimat sowie
darauf, in Würde zu leben und sich frei bewegen zu können, anerkannt werden.“
Einen
Appell zum Dialog richtete der Papst auch an die Regierenden und Bürger in konflikt-
und spannungsgeprägten Ländern wie dem Irak, Pakistan, Iran, Honduras, Guinea und
Madagaskar. Auch ging er auf die weltweit wachsende Gewalt gegen Christen ein und
verurteilte noch einmal das jüngste Attentat auf koptische Christen in Ägypten. Für
den Libanon wünsche er sich, „dass der Weg der Einigung fortgesetzt wird“, so der
Papst.
Der Egoismus der Menschen verwundet die Schöpfung. Mit diesem Fazit
schloss Benedikt sein Panorama. Alle Menschen guten Willens seien daher aufgerufen,
„mit Vertrauen und Großzügigkeit für die Würde und die Freiheit des Menschen zu arbeiten“.
Letztlich sei aber Christus die Antwort auf die Sehnsucht der Menschen nach Frieden
und einem Leben im Einklang mit der Schöpfung: „Das Licht und die Kraft Jesu
mögen uns helfen, die Humanökologie zu achten, im Bewusstsein, dass daraus auch die
Umweltökologie Nutzen ziehen wird, denn das Buch der Natur ist unteilbar eines. So
werden wir auch heute und für die künftigen Generationen den Frieden festigen können.
Ihnen allen wünsche ich ein gutes Neues Jahr!” (rv 11.1.2010 ad)