2010-01-08 13:01:29

Vatikan: Betroffen über Morde in Ägypten


Nach dem blutigen Anschlag von Nag Hammadi hat der Vatikan Betroffenheit und Solidarität mit der koptischen Kirche in Ägypten bekundet. Jedes ungerechte Leiden von Christen sei eine „Wunde am Leib Christi“, die allen Gläubigen gemeinsam sei. Das schreibt der für Ökumene zuständige Kurienkardinal Walter Kasper an das Oberhaupt der koptischen Kirche, Papst und Patriarch Schenuda III. Angesichts von Unterdrückung müssten Christen aller Konfessionen Einigkeit zeigen und „gemeinsam den Frieden suchen, den nur Christus geben kann“, so der Kardinal in seiner am Freitag veröffentlichten Botschaft. Bei dem Attentat nach der Weihnachtsmesse am späten Mittwochabend, mit der die Kopten am 7. Januar ihr Weihnachtsfest beginnen wollten, waren neun Menschen getötet worden; bis auf eine Ausnahme, einen islamischen Wachmann, waren sie alle koptische Christen. Behördlichen Quellen zufolge handelte es sich bei dem Angriff um einen Racheakt von Muslimen. Grund soll eine angebliche Vergewaltigung eines zwölfjährigen Mädchens durch ein Mitglied der koptischen Gemeinde gewesen sein.
Die Lage der Christen in Ägypten ist nach Worten des Vatikan-Botschafters Michael Fitzgerald „nicht so rosig, wie es die Regierung gerne darstellt“. Spannungen und Gewalttätigkeiten gegen Christen seien „ziemlich häufig“, sagte der Nuntius dem bischöflichen italienischen Pressedienst SIR am Freitag. Mehr als der Religionsdialog müsse das tägliche Zusammenleben der Glaubensgemeinschaften verbessert werden. Erst dieses Vertrauen ebne den Weg für ein interreligiöses Gespräch, so der Diplomat und Islamwissenschaftler. Nach Einschätzung des koptischen Bischofs von Luxor, Youhannes Zakaria, stehen politische Motive hinter dem Anschlag von Nag Hammadi. Gewisse Kräfte wollten einen politischen Islam stärken, sagte der Oberhirte laut dem römischen Missionspressedienst Fides. Für die Verschlechterung des religiösen Klimas sei nicht zuletzt das Schweizer Referendum zum Minarettverbot verantwortlich. Ägyptische Muslime hätten den Entscheid „sehr schlecht aufgenommen“, so Zakaria.
Die Vatikanzeitung l’Osservatore Romano zitiert einen in Ägypten lebenden katholischen Priester, der die Lage für die Christen in Oberägypten als in letzter Zeit „sehr bedrängend“ beschreibt. Er weist darauf hin, dass es bereits am letzten Osterfest tödliche Anschläge auf Christen gegeben habe. Der Anschlag in dieser Woche sei jedoch der schlimmste seit den 90er Jahren. Auch Kirchenvertreter in Europa reagieren besorgt. Philippe Brizard, Leiter des französichen Ostkirchenwerks, sagte der Zeitung La Croix, jenseits der offiziellen Sprachregelung, die ein friedliches Miteinander von Christen und Muslimen im Nahen Osten betone, empfänden viele christliche Familien die Situation als bedrohlich. Gleichzeitig wies Brizard auch auf den möglichen Zusammenhang zwischen europäischem Laizismus und wachsender Militarisierung des radikalen Islams hin. Der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland verurteilte unterdessen den Anschlag von Nag Hamadi auf das Schärfste und bezeichnete „Übergriffe und Anschläge unter Missbrauch der Religion“ als „inakzeptabel“.
(or/la croix/pm 08.01.2010)
 







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