Nach dem blutigen Anschlag von Nag Hammadi hat der Vatikan Betroffenheit und Solidarität
mit der koptischen Kirche in Ägypten bekundet. Jedes ungerechte Leiden von Christen
sei eine „Wunde am Leib Christi“, die allen Gläubigen gemeinsam sei. Das schreibt
der für Ökumene zuständige Kurienkardinal Walter Kasper an das Oberhaupt der koptischen
Kirche, Papst und Patriarch Schenuda III. Angesichts von Unterdrückung müssten Christen
aller Konfessionen Einigkeit zeigen und „gemeinsam den Frieden suchen, den nur Christus
geben kann“, so der Kardinal in seiner am Freitag veröffentlichten Botschaft. Bei
dem Attentat nach der Weihnachtsmesse am späten Mittwochabend, mit der die Kopten
am 7. Januar ihr Weihnachtsfest beginnen wollten, waren neun Menschen getötet worden;
bis auf eine Ausnahme, einen islamischen Wachmann, waren sie alle koptische Christen.
Behördlichen Quellen zufolge handelte es sich bei dem Angriff um einen Racheakt von
Muslimen. Grund soll eine angebliche Vergewaltigung eines zwölfjährigen Mädchens durch
ein Mitglied der koptischen Gemeinde gewesen sein. Die Lage der Christen in Ägypten
ist nach Worten des Vatikan-Botschafters Michael Fitzgerald „nicht so rosig, wie es
die Regierung gerne darstellt“. Spannungen und Gewalttätigkeiten gegen Christen seien
„ziemlich häufig“, sagte der Nuntius dem bischöflichen italienischen Pressedienst
SIR am Freitag. Mehr als der Religionsdialog müsse das tägliche Zusammenleben der
Glaubensgemeinschaften verbessert werden. Erst dieses Vertrauen ebne den Weg für ein
interreligiöses Gespräch, so der Diplomat und Islamwissenschaftler. Nach Einschätzung
des koptischen Bischofs von Luxor, Youhannes Zakaria, stehen politische Motive hinter
dem Anschlag von Nag Hammadi. Gewisse Kräfte wollten einen politischen Islam stärken,
sagte der Oberhirte laut dem römischen Missionspressedienst Fides. Für die Verschlechterung
des religiösen Klimas sei nicht zuletzt das Schweizer Referendum zum Minarettverbot
verantwortlich. Ägyptische Muslime hätten den Entscheid „sehr schlecht aufgenommen“,
so Zakaria. Die Vatikanzeitung l’Osservatore Romano zitiert einen in Ägypten lebenden
katholischen Priester, der die Lage für die Christen in Oberägypten als in letzter
Zeit „sehr bedrängend“ beschreibt. Er weist darauf hin, dass es bereits am letzten
Osterfest tödliche Anschläge auf Christen gegeben habe. Der Anschlag in dieser Woche
sei jedoch der schlimmste seit den 90er Jahren. Auch Kirchenvertreter in Europa reagieren
besorgt. Philippe Brizard, Leiter des französichen Ostkirchenwerks, sagte der Zeitung
La Croix, jenseits der offiziellen Sprachregelung, die ein friedliches Miteinander
von Christen und Muslimen im Nahen Osten betone, empfänden viele christliche Familien
die Situation als bedrohlich. Gleichzeitig wies Brizard auch auf den möglichen Zusammenhang
zwischen europäischem Laizismus und wachsender Militarisierung des radikalen Islams
hin. Der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland verurteilte unterdessen den Anschlag
von Nag Hamadi auf das Schärfste und bezeichnete „Übergriffe und Anschläge unter Missbrauch
der Religion“ als „inakzeptabel“. (or/la croix/pm 08.01.2010)