2010-01-05 16:22:34

Italien/D: „Nikolaus soll in Bari bleiben“


RealAudioMP3 Einen Monat nach seinem Festtag ist ein Streit zwischen seiner Grabesstätte und seinem Heimatort entfacht: Der Heilige Nikolaus steht nicht nur am 6. Dezember in den Schlagzeilen. Bei den sterblichen Überresten des Bischofs von Myra handle es sich nicht um ein Kulturgut; sie seien „zu verehren, nicht in einem Museum zu besichtigen“. Das sagte der Rektor der Niklauskirche nach einem Bericht der italienischen Tageszeitung „Il Giornale“. Der türkische Kulturminister Ertugrul Günay hatte nach Angaben der halbamtlichen türkischen Nachrichtenagentur „Anadolu“ angekündigt, die im 11. Jahrhundert nach Italien gelangten Gebeine des heiligen Nikolaus zurückzuverlangen. Das Ministerium plane die Gründung eines Museums der lykischen Zivilisation, sagte Günay. Der historische Nikolaus wurde ursprünglich in Myra, dem heutigen Demre, begraben, wo er im vierten Jahrhundert als Bischof wirkte. Nach der Eroberung der vormals christlichen Region durch die muslimischen Seldschuken brachten italienische Seeleute die Gebeine des Heiligen im Jahr 1087 aus seinem Grab in Myra ins süditalienische Bari, wo sie bis heute ruhen.

Der Kölner Brauchtumsforscher Manfred-Becker Huberti erläutert im Interview mit dem Kölner Domradio, warum die Gebeine des Heiligen an ihrem jetzigen Ort im italienischen Bari verbleiben sollten.

„Das ist immer eine Frage bei historischen Vorgängen. Es gibt eine Menge Dinge, die in der Geschichte passiert sind, wo man sich im Nachhinein fragen muss, ob das alles rechtens war, oder ob man es wieder in einen Zustand der Rechtsmäßigkeit zurückführen kann. Wer würde etwa von den Ägyptern verlangen, die Pyramiden abzubauen und die Steine wieder zurückzubringen, wo sie sie hergeholt haben. Nehmen wir ein Beispiel aus der Türkei: die Hagia Sofia ist heute Museum, war vorher Moschee und ist ursprünglich einmal eine christliche Kirche gewesen. Wer sorgt dafür, dass diese christliche Kirche wiederhergestellt wird und in Benutzung kommen kann? Man kann in der Geschichte bestimmte Prozesse nicht wieder rückwärts rollen und sie ungeschehen machen. Es gehört zur menschlichen Natur, dass Dinge passiert sind und man sich mit ihnen arrangieren muss.“

Die türkische Forderung käme also zu spät, sagt Becker-Huberti:

„Ich bekomme seit Jahren als Autor von Nikolausbüchern von einem Förderverein in Myra entsprechende Post, ich solle mich doch dafür einsetzen, dass der Nikolaus zurückkommt nach Myra. Das Interesse, das dahintersteht, ist der Fremdenverkehr. Man will versuchen, auf diese Art Menschen dorthin zu locken und das Museum oder die Ausgrabungsstätte zu besuchen. Der religiöse Aspekt ist völlig ausgeklammert und spielt offensichtlich für die Türken in diesem Zusammenhang gar keine Rolle.“

Ein Argument der Italiener ist, dass die Türken die Gebeine in ein Museum stecken möchten.

„Richtig, im Museum haben diese Gebeine, die verehrt werden, nichts zu suchen. Sie gehören an einen Kultort und diese Kirche des Nikolaus ist eine Ruine, das wäre sicherlich nicht der geeignete Ort. Man kann auch nicht ungeschehen machen, was im Laufe der Geschichte passiert ist. Die Gebeine sind in Bari und sollten dort auch bleiben.“

Und was würde der Heilige Nikolaus dazu sagen? Dazu meint Becker-Huberti:

„Der würde sagen, nehmt meine Knöchelchen nicht so wichtig, arrangiert euch mit dem, was gewesen ist, und lebt so, als ob es dieses Problem gar nicht gäbe.“

(dr/rv/kna 05.01.2010 mg)







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