Neujahrsmorgen in
St. Peter: Mit einer feierlichen Messe startet Papst Benedikt ins neue Jahr. Viele
Botschafter sind gekommen, wie jedes Jahr auch junge Sternsinger aus Deutschland mit
selbstgebastelten Pappkronen. Im festlich erleuchteten Petersdom schüttelt der Papst
geradezu demonstrativ einige Hände von Gottesdienstbesuchern. Aus der Kuppel des Michelangelo
hängt ein Riesenteppich mit einer Darstellung der Geburt Jesu herab; links vom Papstaltar
ist eine Statue der Gottesmutter Maria aufgestellt, denn dieser erste Januar ist,
einem Brauch mehrerer Ostkirchen folgend, auch ihr Fest.
Gebetet wird bei dieser
Messe in St. Peter auch auf chinesisch: Buchstäblich in diesen Stunden stellt der
Vatikan den Text der Bibel auf Chinesisch ins Netz, genauer: auf seine offizielle
Homepage. Die Predigt des Papstes berührt durch ihren nachdenklichen Ton – Benedikt
meditiert über Gottes Gesicht.
„Die gesamte biblische Erzählung lässt sich
lesen als ein fortschreitendes Enthüllen des göttlichen Antlitzes, bis es seinen vollen
Ausdruck in Jesus Christus findet... Das Antlitz Gottes hat das Aussehen eines Menschen
angenommen, es ließ sich schauen und wiedererkennen im Sohn der Jungfrau Maria, die
wir deshalb mit dem hohen Titel der “Muttergottes” verehren. Sie, die im Herzen das
Geheimnis der Mutterschaft Gottes bewahrte, war die erste, die das Antlitz des Mensch
gewordenen Gottes in der Frucht ihres Leibes sah.“
Eine Mutter habe „eine ganz
besondere, einzigartige und gleichsam exklusive Bindung zu ihrem Neugeborenen“:
„Das
erste Gesicht, das ein Kind sieht, ist das der Mutter, und dieser Anblick ist entscheidend
für seine Verbindung zum Leben, zu den anderen, zu Gott; er ist auch enscheidend,
damit es ein “Kind des Friedens” (Lk 10,6) werden kann. In der byzantinischen Tradition
gibt es unter den zahlreichen Typologien von Ikonen der Jungfrau Maria jene der “Gottesmutter
der Zärtlichkeit”; sie zeigt das Jesuskind Wange an Wange mit der Mutter. Das Kind
sieht die Mutter an, und diese sieht uns an, als wollte sie dem betenden Beobachter
die Zärtlichkeit Gottes spiegeln...“
Behutsam warb Benedikt darum, „mit einem
respektvollen Blick“ auf unsere Mitmenschen zu schauen, egal welcher Hautfarbe oder
Religion: Das sei „ein privilegierter Weg zum Frieden“.
„In Wirklichkeit sind
wir nur dann, wenn wir Gott im Herzen haben, dazu fähig, im Gesicht des anderen einen
Bruder in der Menschlichkeit zu erkennen, kein Mittel, sondern ein Ziel, keinen Rivalen
und keinen Feind, sondern ein anderes Ich, eine Facette des unendlichen Geheimnisses
des menschlichen Wesens... Wer ein leeres Herz hat, nimmt nur flache Bilder ohne Tiefe
wahr. Je mehr wir dagegen von Gott bewohnt sind, umso empfänglicher sind wir auch
für seine Gegenwart in allem, was uns umgibt: in allen Kreaturen, besonders in den
anderen Menschen.“
„Von klein auf“ sei es „wichtig, erzogen zu werden zum
Respekt für den Nächsten, auch wenn er anders ist als wir“, so Benedikt XVI. – mit
einem Lob für multikulturelle Schulklassen. Und mit einem Gedanken für alle Flüchtlinge,
Vertriebenen, Migranten: Gegenüber ihrer Wehrlosigkeit fielen alle falschen Rechtfertigungen
des Kriegs und der Gewalt „in sich zusammen“.