D: Kirche bremst Flughafenausbau München – „Ängste ernst nehmen“
Wird die katholische
Kirche im Erzbistum München und Freising zum Zünglein an der Waage, was den Ausbau
des Münchner Flughafens betrifft? Das hoffen zumindest die Gegner der Flughafenerweiterung,
darunter auch viele Katholiken aus den betroffenen Kirchengemeinden. Anfang Dezember
teilte das Erzbistum mit, es verkaufe keine Grundstücke, die im Bereich der geplanten
3. Startbahn liegen. Bei einer Konferenz Anfang Januar will das Bistum jetzt das weitere
Vorgehen mit den Pfarrern und Kirchenpflegern der betroffenen Kirchenstiftungen abstimmen.
Noch
kurz vor Weihnachten hatten sich rund 500 Aktivisten und Gläubige zu einem neuerlichen
Protestmarsch aufgemacht. Mit Lichtern zogen sie in Freising von der evangelischen
Epiphanias- zur katholischen Lambertus-Gemeinde. Dieses Mal schienen sie ein bisschen
optimistischer als sonst, meint dieser Freisinger Startbahngegner:
„Wir
haben uns bisher die letzten Jahre etwas vernachlässigt gefühlt, im Vergleich zu den
Evangelischen, die schon seit drei Jahren Farbe bekennen und Ross und Reiter nennen,
wie ich immer sage. Jetzt seit dem Frühjahr ist das auch bei uns so. Und auch der
Herr Erzbischof. Als das bei uns anfing vor einem Jahr waren wir bei ihm und haben
mit ihm gesprochen und da merkten wir, der hört uns, er nimmt unsere Sorgen ernst.
Und einer davon, der Herr Franzl, hat zum Beispiel geäußert: Ich verspreche Ihnen,
wir von der Erzdiözese, wir werden Sand ins Getriebe der Planungen für die dritte
Startbahn bringen und das hat uns damals schon begeistert.“
Die Entscheidung
des Erzbistums keine Grundstücke im Startbahnbereich zu verkaufen bestärkt die Aktivisten.
„Ich kann die existenzielle Sorge der Betroffenen verstehen“, hatte Erzbischof Reinhard
Marx in einem Brief an die Priester der betroffenen Dekanate geschrieben. Das Bistum
nehme die Ängste der Menschen ernst, sagt auch Pressesprecher Bernhard Kellner:
„Es
sind Ängste um Grund und Boden, Ängste darum, in Ruhe den Gottesdienst feiern zu können,
Beerdigungen noch vernünftig feiern zu können, wenn da Flugzeuge drüber donnern.“
Sollte
die dritte Startbahn gebaut werden, würden die Jets ab 2011 etwa das Dörfchen Attaching
in nur 70 Metern Höhe überfliegen – und das hunderte Male am Tag. Eine Anwohnerin
ist empört:
„Also ich finde es menschenverachtend, eine Sache einzurichten,
die unserer Meinung nach nicht notwendig ist, weil der Flughafen ausbaufähig ist.
Es werden Menschen aus Attaching wegziehen müssen. Wir leiden alle unter dem Lärm
und nach dem neuesten Lärmgutachten hat das ja schlimme Folgen. Und daher ist es eigentlich
nicht zu akzeptieren – überhaupt nicht.“ Die Münchner Flughafengesellschaft
verweist auf das wirtschaftliche Potenzial, das in der geplanten dritten Piste steckt.
Anwohner fürchten noch mehr Lärm und Umweltverschmutzung. Das Bistum wolle deshalb
die Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik zum Nachdenken bringen und darauf pochen,
mit Bedacht vorzugehen, sagt Bistumssprecher Kellner. Als kirchliches Votum gegen
die Startbahn sei das aber nicht zu verstehen:
„Wir haben uns nicht für
oder gegen die dritte Startbahn am Münchner Flughafen positioniert, sondern, wir haben
das Votum unserer Kirchenstiftungen vor Ort Ernst genommen, die nicht verkaufen wollen.“ Die
verschiedenen Kaufanfragen der Flughafengesellschaft München an die einzelnen Pfarreien
wolle das Erzbistum jetzt gebündelt beantworten - und zwar negativ, erklärt Kellner:
„Wir
werden sagen, dass wir nicht verkaufen, sondern uns in das Verfahren einordnen. Das
ist ein rechtlicher Prozess, das Verfahren wird jetzt beginnen und wir werden uns
einreihen und dafür Sorge tragen, dass die Sorgen und Nöte der Menschen, die wir kennen,
weil wir uns vorher ein Bild gemacht haben, gehört werden.“ Damit droht den
Kirchenstiftungen die Enteignung durch den Staat – das gab’s im katholischen Bayern
schon seit Napoleons Zeiten nicht mehr. Andererseits ist die Kirche bei weitem nicht
der einzige verkaufsunwillige Grundstückseigentümer. Je mehr es sind, desto höher
die Klagechancen vor Gericht. Das „Nein“ der Kirche zum Verkauf könnte also den Baubeginn
merklich verzögern. Starbahngegner hoffen, das Projekt werde dann wegen steigender
Kerosinpreise vielleicht überflüssig. Ihre Forderung:
„Jetzt ist es allerhöchste
Zeit, dass dem konkrete Entscheidungen folgen, sonst werden wir als Christen in unserem
Anliegen, die Schöpfung zu bewahren, unglaubwürdig.“