2009-12-28 15:46:58

Scheidender ÖRK-Präsident: "Einheit ist größte Herausforderung"


Der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, Samuel Kobia, legt Ende des Jahres sein Amt nieder. Ob Wahlbeobachtung in Kenia, Friedensgespräche im Sudan oder die Gründung einer Nairobi-Friedensgruppe – der gebürtige Kenianer setzte sich vor allem für Afrika ein. Bevor der Methodisten-Pfarrer im August 2003 zum Generalsekretär des Gremiums gewählt wurde, war er schon ÖRK-Sonderbeauftragter für den Kontinent.

Der Weltkirchenrat ist die wichtigste gemeinsame Plattform der evangelischen, anglikanischen und orthodoxen Kirchen der Welt. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs und der wachsenden Globalisierung ist er allerdings in die Krise geraten: Theologische Defizite und Unstimmigkeiten der Mitglieder untereinander setzten ihm zu. Die konfessionsübergreifende Einheit ist nach Ansicht des scheidenden Präsidenten deshalb nach wie vor das dringlichste Problem. Kobia:
„Eine der größten Herausforderungen, die ich heute für die ökumenische Bewegung sehe, ist das nachlassende Engagement für die Einheit. Viele unserer Mitgliedskirchen sind voll und ganz damit beschäftigt, den Herausforderungen in ihren jeweiligen Ländern zu begegnen, wo viele Gläubige, die traditionell den großen protestantischen Kirchen, wie Methodisten, Presbyterianern oder sogar den Anglikanern angehörten, sich heute stärker zu Gemeinden hingezogen fühlen, die an keine bestimmte Konfession gebunden sind. Wenn Kirchen auf lokaler oder nationaler Ebene mit einer solchen Herausforderung konfrontiert sind, dann lässt ihr Engagement für die Einheit nach. Ohne die volle Beteiligung und das tiefe Engagement der ÖRK-Mitgliedskirchen für das Streben nach Einheit steht wiederum die ökumenische Bewegung vor einer immensen Herausforderung.“ 
Die Beziehungen der katholischen Kirche zum Weltkirchenrat sind freundschaftlich. Beobachter des Vatikans nahmen erstmals 1968, drei Jahre nach Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils, an einer der etwa alle acht Jahre stattfindenden Vollversammlungen teil. Papst Paul VI. besuchte das Zentrum des Rates in Genf 1969, Johannes Paul II. folgte ihm 1984. Als einen der letzten wichtigen Schritte des Dialogs sieht Kobia das Globale Christliche Forum, das zuletzt im November 2007 stattfand. Kobia:
„Es war die breiteste Plattform christlicher Kirchen und christlicher Führungspersönlichkeiten aus aller Welt, die zu diesem Forum zusammengekommen waren. Mit seiner Hilfe treten wir als Mitglieder des ÖRK mit Nicht-Mitgliedern in Kontakt – der römisch-katholischen Kirche, den Pfingstlern, der Internationalen Evangelischen Allianz – und feiern gemeinsam die Gaben, die der Heilige Geist den Kirchen schenkt. Das ist für mich ein immenser Fortschritt und ein ganz wichtiger Prozess. Natürlich ist es noch keineswegs das, was wir mit „sichtbarer Einheit der Kirche, die wir suchen“ meinen, aber zumindest ist es doch ein großer Fortschritt auf dem Weg zur sichtbaren Einheit.“ 
Die Mitgliedschaft des ÖRK umfasst mehr als 560 Millionen Christen in 349 Kirchen und über 110 Ländern. Dazu gehören die Mehrzahl der orthodoxen Kirchen sowie viele anglikanische, baptistische, lutherische, methodistische, reformierte, vereinigte und unabhängige Kirchen. Über den alltäglichen Herausforderungen den Blick für das Ganze nicht zu verlieren – das sei für ein vielfältiges Gebilde wie den ÖRK genauso wichtig wie für jeden einzelnen Gläubigen, so Kobia. Du bist, weil du mit anderen bist, sagt der gebürtige Kenianer über die Mentalität seines Heimatlandes. Und so bleibt ihm im Rückblick vor allem die menschliche Kraft der Vergebung im Gedächtnis. Kobia:
„Wenn ich sagen sollte, welches meine schönste Erinnerung ist, dann würde ich wohl meinen Besuch in Ruanda nennen. Es war im Jahr 2004. Ruanda beging gerade den 10. Jahrestag des Völkermordes. Was mich damals zutiefst beeindruckte, war die Fähigkeit ganz normaler Menschen, und insbesondere von Christen, zu vergeben. Ein Volk, das so etwas erlebt hat wie das ruandische Volk im Jahr 1994, und dennoch sagen kann „Wir sind bereit zu vergeben, weil es auch noch ein Leben nach dem Völkermord gibt“, ist für mich zutiefst inspirierend. Und ich glaube, dass diese Fähigkeit das Beste zum Ausdruck bringt, was dem menschlichen Geist gegeben ist – die Fähigkeit zu vergeben, ohne natürlich das Geschehene zu vergessen.“ 
(örk 28.12.09 pr)
 







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