Vatikan: Tugendgrad für Pius XII. kein „historisches Urteil“
Die Verleihung des heroischen Tugendgrades für Eugenio Pacelli bedeutet kein historisches
Urteil über seine Person und seine Entscheidungen. Das stellte Vatikansprecher Pater
Federico Lombardi an diesem Mittwoch klar. Die Kirche sage damit vielmehr aus, dass
er die christlichen Tugenden in vorbildlicher Weise gelebt habe.
Lombardi:
„Wenn der Papst ein Dekret über die heroischen Tugenden eines Dieners Gottes unterschreibt,
bestätigt er die bereits erfolgte positive Beurteilung seitens der Kongregation für
Heiligsprechungen. Vorausgegangen ist dann bereits eine genaue Prüfung der schriftlichen
Dokumente und Zeugenaussagen. … Natürlich hält sich diese Untersuchung an die Lebensumstände.
Man muss folglich eine Prüfung unter historischem Gesichtspunkt vornehmen. Aber im
Wesentlichen bezieht sich die Beurteilung auf das Zeugnis christlichen Lebens. Auf
die intensive Beziehung zu Gott und die fortdauernde Suche nach evangeliumsgemäßer
Vollkommenheit, sagte der Papst vergangenen Samstag. Es geht nicht um eine Bewertung
der historischen Tragweite aller seiner Entscheidungen.“
Der Vatikan habe
also nicht die geringste Absicht, die Diskussion über die einzelnen Entscheidungen
Pius XII. und ihre Bewertung in der konkreten Situation zu beschränken.
„Die
Kirche bestätigt ihrerseits, dass Pius XII. stets die klare Intention verfolgt hat,
den Dienst des Papstes mit dieser hohen Verantwortung bestmöglich zu erfüllen. Seine
Sorge um das Schicksal der Juden ist mit Sicherheit relevant für die Bewertung seiner
Tugenden. Sie ist auch von vielen Juden breit bezeugt und anerkannt.“ Die
Freundschaft und der Respekt Benedikts XVI. für die Juden, so Lombardi weiter, seien
bereits mehrmals bezeugt worden, nicht zuletzt unwiderlegbar im theologischen Schaffen
des Papstes. Der anstehende Besuch Benedikts XVI. in der römischen Synagoge könne
diese Bande erneut zeigen und festigen. Polemik, die Ehrung für den Pacelli-Papst
sei ein Rückschritt im jüdisch-katholischen Dialog, wies der Vatikansprecher entschieden
zurück.
„Es ist klar: Die Unterzeichnung des Dekrets darf in keiner Weise
als feindseliger Akt gegen das jüdische Volk gelesen werden. Es ist zu wünschen, dass
sie nicht als Hindernis auf dem Weg der Freundschaft zwischen Judentum und katholischer
Kirche gesehen wird.“ Dass Benedikt XVI. den Päpsten Pius XII. und Johannes
Paul II. gleichzeitig den heroischen Tugendgrad verliehen habe, erlaube keine Schlussfolgerungen
für einen Seligsprechungstermin. Die beiden Verfahren würden nicht weiterhin gemeinsam
verhandelt, unterstrich Vatikansprecher Lombardi.
„Die beiden Fälle sind
komplett unabhängig voneinander und nehmen beide ihren jeweils eigenen Lauf. Für die
Hypothese einer eventuellen gemeinsamen Seligsprechung gibt es keinen Grund.“ (rv
23.12.2009 bp)