2009-12-19 16:38:04

Pöttering: „Klimaschutz – Die Zeit drängt“


RealAudioMP3 Der Kopenhagener Weltklimagipfel ist faktisch gescheitert - Kirchenvertreter und kirchliche Hilfswerke sind enttäuscht. Zwar endete die UNO-Klimakonferenz am späten Freitagabend mit einem Minimalkonsens. Doch ein rechtsverbindlicher Vertrag kam nicht zustande. Nach langen, zähen Verhandlungen einigten sich die versammelten Staaten darauf, dass Industrie- und Schwellenländer nicht rechtlich verbindlich ihre Treibhausgasemissionen reduzieren sollten. Diese freiwilligen Zusagen sollen in einem Anhang der „Kopenhagener Erklärung“ aufgelistet werden. Eine langfristige Zielsetzung bis 2050 fehlt in dem Abkommen.
Die Europäische Union hat sich aber ihrerseits bereit erklärt, die CO2-Emissionen bis 2020 um 30 Prozent zu senken, wenn die anderen Industriestaaten und Schwellenländer ebenfalls ihrer Verantwortung gerecht werden. Das sagt der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, im Wochenkommentar für Radio Vatikan.

„Auf diese sehr konkreten Ziele hat sich leider die Konferenz in Kopenhagen nicht einigen können. Aber wir dürfen unsere Bemühungen für dieses Ziel nicht aufgeben. Wir müssen engagiert weiterarbeiten, in Europa und überall in der Welt. Europa braucht engagierte internationale Partner, um den Frieden mit unserer Umwelt wiederzugewinnen und um die Schöpfung zu bewahren. Die Bekämpfung des Klimawandels ist sowohl ein Gebot der Vernunft als auch eine moralische Verpflichtung gegenüber künftigen Generationen. Die Zeit drängt!“ 
Pöttering wird am 1.1.2010 Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung.
(rv/afp/reuters/ap 19.12.2009 mg)

Lesen und hören Sie hier den gesamten Wochenkommentar von Hans-Gert Pöttering 
Der Schutz der uns Menschen anvertrauten Schöpfung ist eine Herausforderung, die jetzt und nicht später gemeinsam von den Staaten dieser Erde angegangen werden muss.

Eine Beschränkung der globalen Erwärmung auf nicht mehr als 2 Grad über vorindustriellen Temperaturen ist laut Experten sowohl technisch machbar als auch wirtschaftlich leistbar – jedoch nur dann, wenn wir schnell und entschlossen handeln. Dieses 2-Grad Ziel bedeutet, dass bis 2050 mindestens eine Halbierung der globalen Emissionen erreicht werden muss.

Erfolgreich können wir im Kampf gegen den Klimawandel allerdings nur sein, wenn diese Verantwortung weltweit mitgetragen wird. Einzelne Nationalstaaten können dieser Herausforderung allein nicht begegnen, eine gemeinsame Anstrengung der internationalen Staatengemeinschaft ist notwendig.

Die Europäische Union ist für 14 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Schon vor dem Jahr 2020 werden die Emissionen der Entwicklungsländer die der Industrieländer übersteigen. China ist bereits die weltweit größte CO2-Emissionsquelle. Europa kann und wird die Last daher nicht alleine tragen können.

Jedoch ist die Europäische Union bei der Bekämpfung des Klimawandels für ihre internationalen Partner beispielgebend und muss vormachen, dass es möglich ist, steigendes Wirtschaftswachstum von Treibhausemissionen zu entkoppeln: Ihre Mitgliedstaaten haben sich ehrgeizige Ziele für den Klimaschutz gesetzt und die Europäische Union nimmt auf dem internationalen Parkett eindeutig eine Vorreiterrolle ein. Seit Jahren setzt sie sich mit Nachdruck für ein weltweites Abkommen ein, das ab 2013 das Kyoto-Protokoll ersetzen soll.

Im Europäischen Parlament ist die Dringlichkeit der Bekämpfung der Klimaveränderung sehr bewusst und es hat sich als Stimme der Europäerinnen und Europäer zügig dieses Themas angenommen und das „Klimapaket“ unter Einhaltung eines ehrgeizigen Zeitplans verabschiedet. Als Präsident des Europäischen Parlamentes habe ich in meiner zu Ende gegangenen Amtszeit dieses wichtige Dokument unterzeichnet. Die Europäische Union ist der einzige Akteur weltweit, der konkrete Ziele - zum Beispiel zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes - festgeschrieben und auch finanzielle Unterstützung für Entwicklungsländer bei dieser Aufgabe zugesichert hat.
In der 6. Legislaturperiode hat das Parlament außerdem den Nicht-Ständigen Ausschuss zum Klimawandel eingerichtet, um seine Beschlüsse als Mit-Gesetzgeber der Europäischen Union in voller Kenntnis der Sachlage fassen zu können. Mit der Einrichtung dieses spezialisierten parlamentarischen Gremiums war das Europäische Parlament weltweit ein Pionier und hat die Debatte über diese wichtige Zukunftsfrage maßgeblich beeinflusst.

Die Führungsrolle der Europäischen Union bei der Bekämpfung des Klimawandels wurde auch beim UN-Weltklimagipfel in Kopenhagen deutlich, der gestern nach zweiwöchigen Verhandlungen endete.

In Kopenhagen haben die EU-Mitgliedsstaaten gezeigt, dass Europa gemeinsam handlungsfähig ist: Das Bewusstsein, dass alleine gemeinsame Maßnahmen Wirkung zeigen können, stand auch über kurzfristig nationalen politischen Interessen.

Dies wurde bereits bei dem Treffen des Europäischen Rats letzte Woche in Brüssel deutlich, als alle 27 Mitgliedstaaten sich auf freiwilliger Basis bereit erklärten, sich durch eine Anschubfinanzierung von 7,2 Milliarden Euro an einer nachhaltigen Klimapolitik der Entwicklungsländer zu beteiligen. Dieser Vorstoß unterstrich den guten Willen der Mitgliedsländer der Europäischen Union, eine internationale Übereinkunft zu erreichen. Auch hat Europa damit ein wichtiges Signal der Solidarität an die Entwicklungsländer gesendet, die an den Auswirkungen des Klimawandels am schwersten zu tragen haben werden. Der Klimawandel muss auch in die Entwicklungszusammenarbeit miteinbezogen werden, um die Auswirkungen in den ärmsten Ländern der Welt möglichst gering zu halten.

Weiterhin hat sich die Europäische Union bereit erklärt, die CO2-Emissionen bis 2020 um 30% - statt wie ursprünglich vorgesehen 20% - zu senken, wenn die anderen Industriestaaten und Schwellenländer - insbesondere die USA, China und Indien - ebenfalls ihrer Verantwortung gerecht werden.

Auf diese sehr konkreten Ziele hat sich leider die Konferenz in Kopenhagen nicht einigen können. Aber wir dürfen unsere Bemühungen für dieses Ziel nicht aufgeben. Wir müssen engagiert weiterarbeiten, in Europa und überall in der Welt. Europa braucht engagierte internationale Partner, um den Frieden mit unserer Umwelt wiederzugewinnen und um die Schöpfung zu bewahren. Die Bekämpfung des Klimawandels ist sowohl ein Gebot der Vernunft als auch eine moralische Verpflichtung gegenüber künftigen Generationen. Die Zeit drängt.

Hans-Gert Pöttering, MdEP







All the contents on this site are copyrighted ©.