2009-12-17 11:44:05

D: Ausverkauf des Weihnachtsfestes? Eine Umfrage


Glühwein, Glitzer und Geschenke – mehr zählt in der Vorweihnachtszeit nicht. So möchte man meinen, wenn man sich derzeit in die Innenstädte wagt. Tagein, tagaus schieben sich wahre Menschenmassen durch Geschäfte und über Weihnachtsmärkte. Doch sind die leisen und besinnlichen Momente vom Weihnachtskonsum wirklich übertönt worden? Christine Lauter hat sich für Radio Vatikan auf Weihnachtsmärkten im Rheinland umgehört.

RealAudioMP3 Schon im September stolpert man im Supermarkt über Schokoweihnachtsmänner im Coca-Cola-roten Outfit. Lametta und Weihnachtskugeln folgen kurze Zeit später und Ratgeber für das perfekte Menü am heiligen Abend flimmern schon weit vorm ersten Adventssonntag über die Mattscheiben. Die Suche nach dem einzigartigen Geschenk artet spätestens mit Eröffnung der unzähligen Weihnachtsmärkte in Stress aus. Nicht nur für den Kunden, sondern auch für den Verkäufer, wie ein Mitarbeiter in der besonders zu Weihnachten beliebten Tonträgerabteilung eines Elektrofachmarkts zu berichten weiß:

„Die Kunden sind meistens sehr gestresst und wollen das gesuchte Produkt sofort haben und sind sehr unzufrieden mit uns, wenn sie es nicht sofort bekommen. In unserer heutigen Welt geht es eigentlich nur noch um Konsum beim Weihnachtsgeschäft, mit Nächstenliebe hat das nichts mehr zu tun. Für mich persönlich ist das Weihnachtsfest eigentlich ein Fest, was man mit seiner Familie feiern sollte, für mich als Verkäufer stellt sich aber gar keine Weihnachtsstimmung ein, weil es nur noch stressig ist in dieser Zeit. Und wenn dann noch zum fünfzehnten Mal aus der Nebenabteilung Last Christmas dudelt, das ja nichts mit Weihnachten zu tun hat, dann ist das auch nicht möglich.“

 
Einen ähnlichen Eindruck von der Dauerbeschallung von Kunde und Verkäufer hat auch Johannes Sczyrba, Regionaldekan im Bistum Aachen:

„Da wird für mich fraglich, ob Ihr Kinderlein kommetund Stille Nacht, heilige Nacht noch christliche Lieder sind, wenn sie so ausgelutscht worden sind und man den Sinn und den Hintergrund nicht mehr versteht.“

In Sczyrbas Region Krefeld/Meerbusch hat vor einigen Wochen eine Diskussion um die Abschaffung religiöser Symbole aus der Weihnachtsbeleuchtung in der Innenstadt die Gemüter erhitzt. Während Medien und ein Großteil der Kunden die Entscheidung des Krefelder Werberings bisweilen heftig kritisiert haben, ist sie für den Regionaldekan aus theologischer Sicht ein Gewinn:

„Ich bin sogar fast froh, dass die weihnachtlich, winterliche Beleuchtung nun von christlichen Symbolen befreit ist, weil man ja auch immer fragen muss, was christliche Symbole sind. Einige stellen sich ja vor, der Weihnachtsbaum oder das Geschenkpaket, die Weihnachtskerze - das wären schon weihnachtliche Symbole, dabei hat das alles mit der Geburt Jesu Christi nur zweitrangig oder gar nichts zu tun. Für mich ist einfach wichtig, noch mal genau hinzuschauen, was wir eigentlich mit dem Fest ausdrücken wollen. Und da sind wir Christen meines Erachtens heute mehr denn je gefragt, das Weihnachtsfest auch noch mal in seiner Ursprünglichkeit zu erleben und festzustellen, was es denn eigentlich transportieren will: Ein Mensch schenkt sich den Menschen, ein Gott schenkt sich dem Menschen. Da können Geschenke sogar das Gegenteil bewirken, das heißt man schenkt sich nicht mehr, sondern man gibt stellvertretend Anderes, damit man sich nicht mehr schenken muss.“

 
Offenbar steht Johannes Sczyrba mit dieser Meinung längst nicht alleine da: So verweigern sich christlich geleitete Fairtrade-Organisationen dem werbebelasteten Weihnachtsmann und verkaufen Schokoladennikoläuse mit Mitra und Bischofsstab – und diese Idee findet großen Anklang. Online gibt es mittlerweile eigene Foren zur Diskussion von Für und Wider des Weihnachtskaufrauschs – konfessions- und religionsüberschreitend wohl bemerkt. Auch wird darum gekämpft, dass das Weihnachtslied wieder seinen ursprünglichen Platz jenseits der Lautsprecher in Supermarkt und auf Weihnachtsmarktkarussell findet. Während sich in Österreich eine Einzelhandelsgewerkschaft für die Abschaffung von Weihnachtsmusik in Endlosschleife einsetzt, weiß eine Musiklehrerin von ganz besonderen Momenten der Hoffnung und der Weihnachtsbotschaft zu berichten:

„Seit über dreißig Jahren singe ich in der Vorweihnachtszeit mit 10- bis 14-jährigen Kindern und Jugendlichen weihnachtliche Lieder. Und jedes Jahr ist es so, dass mit voller Inbrunst und mit Lautstärke gesungen wird Go tell it on the mountainsund noch andere Lieder in dieser Art. Aber es ist genauso, dass alle Jahre diese Kinder und Jugendliche fragen: Singen wir denn auch Ihr Kinderlein kommet und Stille Nacht, heilige Nacht? Und vor allem – und das lässt mich glauben, dass noch ganz, ganz viel Empfangsbereitschaft für die christliche Botschaft in unseren jungen Menschen ist – vor allem wird gefragt nach einem ganz ruhigen Wiegenlied. Und das wird dann mit wirklicher Empfindung – das sieht man dem Gesichtsausdruck an und das hört man auch an den Stimmen – jedes Jahr gewünscht und jedes Jahr gesungen.“

 
(rv 17.12.2009 cl)







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