2009-12-14 14:16:03

Chile: „Soziale Ungleichheit nicht übersehen“


RealAudioMP3 Chile steht nach Ansicht der Bischöfe des Landes vor einem Neuanfang. Der Präsident der Bischofskonferenz, Bischof Alejandro Goic von Rancagua, forderte am Wahlsonntag mehr soziale Gleichheit, mehr Teilhabe und wirtschaftlichen Ausgleich. – Die acht Millionen Einwohner Chiles haben in den fünften allgemeinen Wahlen nach Ende der Pinochet-Diktatur über einen neuen Präsidenten und die Zusammensetzung des Parlaments abgestimmt; am 17. Januar kommt es zur Stichwahl.

Der konservative Großunternehmer Sebastián Piñera erreichte nach Auszählung fast aller Stimmen amtlichen Angaben zufolge 44 Prozent. Ex-Präsident Eduardo Frei von der regierenden linksdemokratischen Koalition kam auf knapp 30 Prozent.

Piñeira galt vor der Wahl als Favorit. Doch die große Zustimmung für den Milliardär und der damit verbundene Rechtsruck im Land kommt für den Lateinamerika-Experten von Radio Vatikan, Louis Badilla, in dieser Höhe überraschend.

„Das viel niedrigere Ergebnis für den Kandidaten der Linksdemokraten hat vielleicht eher persönliche Gründe. Die Leute lehnen die Person, den Politiker ab: zu alt, zu traditionalistisch, nicht auf der Höhe der Zeit und nicht der Richtige für den Wendepunkt, an dem Chile steht.“

Sollte der „chilenische Berlusconi“ Piñeira – ihm gehören unter anderem ein Fernsehsender und ein Fußballverein – wie erwartet die Stichwahl gewinnen, rechnen politische Analysten mit einem verstärkten wirtschaftsliberalen Kurs und einem Kurswechsel in der Außenpolitik mit Blick auf engere Kontakte zu den USA und dem konservativ regierten Kolumbien. Die Schere zwischen Arm und Reich würde damit weiter auseinander klaffen, so die Befürchtungen.

Louis Badilla:
„Ich habe den Eindruck, dass – wenn erst einmal die Stichwahl überstanden ist – die Koalition von Christdemokraten und Sozialisten in die Krise stürzen wird. Das ist vielleicht die eigentliche Nachricht. Das bedeutet eine neue Etappe für Chile und für ganz Lateinamerika. Hier finden im Jahr 2010 zahlreiche Wahlen statt - auch in Brasilien, was für den Kontinent wegweisend ist.“

Die Kirche Chiles – 70 Prozent der Einwohner sind katholisch – hatte stets zur Teilnahme an den Wahlen aufgerufen. In bestimmter Weise sei Demokratie wie Liturgie, sagte am Sonntag der Präsident der Bischofskonferenz. Sie folge bestimmten Riten. Wesentlich sei dabei, dass das Volk seinen Willen frei zum Ausdruck bringe und die Gewählten als Diener für alle arbeiteten.

Nicht müde werden Kirchenvertreter, die soziale Ungleichheit im Land zu kritisieren. Wer Chile regieren wolle, dürfe die nicht übersehen. Badilla:

„Die Kirche hat sich zu den Wahlen immer wieder geäußert, um zu betonen, dass es eine Pflicht und eine patriotische Verantwortung ist, sich an den wichtigen Entscheidungen für die Zukunft des Landes zu beteiligen. Wer auch immer gewinnt; muss den Gedanken der Gleichheit im Herzen tragen. Das Land leidet unter einer enormen sozialen Ungerechtigkeit.“

(rv/afp/reuters 14.12.2009 bp)








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