2009-12-11 11:50:43

Wyrwoll: „Wir gehören im Grunde zur gleichen catholica“


RealAudioMP3 Zum sechsten Mal schon haben sich in den letzten Tagen Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche und der deutschen Bischöfe getroffen – und zwar im Benediktinerkloster Weltenburg in Oberbayern. Im Mittelpunkt der Debatte stand das christliche Menschenbild. Nikolaus Wyrwoll, Direktor des Ostkirchlichen Instituts in Regensburg, sagt im Gespräch mit dem Domradio Köln:

„Es geht ja nicht um einen Dialog, wo man um theologische Wahrheiten ringen muss – wer hat recht und wer müsste noch mehr recht haben –, sondern es geht darum, dass man ja im Grunde genommen zur gleichen „catholica“ gehört und einfach die unterschiedlichen Auffassungen und Möglichkeiten der Seelsorge mal bespricht und sich so gegenseitig hilft.“

Katholiken und Orthodoxe sind sich viel näher, als viele gemeinhin denken. 97 Prozent Kircheneinheit sind laut Ökumene-Bischof Gerhard Ludwig Müller zwischen ihnen schon erreicht; was sind denn die letzten drei Prozent?

„Das ist die Frage des Primats. Die Russen sind uns ja von allen orthodoxen Kirchen theologisch am nächsten, aber sie erkennen nicht den Primat in seiner modernen Ausübungsform an. Und da ist es interessant, dass Kardinal Joseph Ratzinger vor neun Jahren in diesem umstrittenen Dekret „Dominus Jesus“ gesagt hat: Die Anerkennung des Primats in seiner modernen Auffassung und Ausübung gehört nicht zu den Kriterien einer echten Teilkirche!“

Zur Frage des päpstlichen Primats wird das orthodoxe Patriarchat von Moskau bald ein Dokument veröffentlichen; der Text wird gerade von der Bibel- und Theologenkommission ausgearbeitet, ist aus Moskau zu hören. Unsere Nähe gerade zur russischen Spielart der Orthodoxie erklärt Wyrwoll so:

„Die Griechen und die griechischen Patriarchen von Konstantinopel, Alexandrien, Jerusalem und Antiochien haben 1755 erklärt, dass wir Westler alle Häretiker und Heiden sind, und wenn einer von uns zu ihnen kommt, dann muss er wieder getauft werden. Die Russen haben zwei Jahre später das erfahren – und sich dagegen ausgesprochen: Nein, wer katholisch ist und zu uns kommen will, der muss einfach nur laut das Glaubensbekenntnis aufsagen...“

Viel weniger entspannt ist das Verhältnis der russisch-orthodoxen Kirche zu den deutschen Lutheranern. Grund ist, dass die Russen nicht das Priesteramt der Protestanten anerkennen. Das Moskauer Patriarchat hat jetzt einen Brief seines „Außenministers“, Metropolit Hilarion, an die neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands veröffentlicht; es ist die Bischöfin Margot Käßmann. In dem Brief sieht Hilarion kaum noch Spielraum für den Dialog mit der EKD und deutet einen Abbruch der Gespräche an. Wörtlich heißt es in dem Brief: „Die Tatsache, dass jetzt eine Frau an der Spitze der evangelischen Kirche Deutschlands steht, wirft prinzipiell die Frage auf, ob der Dialog noch in derselben Form weitergehen kann.“ Die Protestanten seien auf einem „Weg, der auf dramatische Weise die Unterschiede zwischen unseren Traditionen verschärft“. Hilarion will ein klärendes Gespräch mit Käßmann führen.

(domradio/rv/ansa 11.12.2009 sk)








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