2009-12-11 18:11:01

D: Schulprofil „Abrahamische Religionen“


RealAudioMP3 Vielleicht ist es kein Zufall, dass die katholische Kirche gerade in der Stadt des Westfälischen Friedens die guten Beziehungen zur jüdischen und muslimischen Religionsgemeinden mit einem gemeinsamen Projekt ausbauen möchte. In Osnabrück nämlich soll eine Grundschule der „Abrahamischen Religionen“ entstehen. Was es mit dem Konzept dieser Ganztagsschule auf sich hat, verrät der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Osnabrück Michael Grünberg:

„Das wird eine Grundschule sein, die sich einfach mehr mit Religion beschäftigt als andere Schulen das bisher getan haben. Das heißt, dass jüdische Kinder jüdischen Religionsunterricht bekommen, katholische und evangelische Kinder jeweils in ihrer Konfession und Muslime sollen in muslimischer Religion unterrichtet werden. Das ist eine Schule, wo die Religionen zwar getrennt sind, aber trotzdem auch gemeinsam behandelt werden; wo über Feiertage und Festlichkeiten gesprochen wird. Diese werden dann entsprechend erklärt, damit es einfach in Zukunft Normalität unter den Kindern gibt. Damit es in Zukunft nichts Besonderes mehr ist, ein jüdisches Kind zu sein oder ein muslimisches Kind, sondern dass man miteinander lernt und über die andere Religion auch mehr weiß.“
 
Die Idee des Bistums Osnabrück und seiner Schulstiftung will zum friedlichen Zusammenleben beitragen. Darüber freut sich besonders der Vorsitzende des Landesverbandes der Muslime in Niedersachsen Avni Altiner, für den es nicht die erste Zusammenarbeit im Bereich Schule mit dem Bistum Osnabrück ist:

„Wir haben einen sehr guten Dialog mit dem Bischof in Osnabrück. Aus zwei Gründen: wir haben selbst als Muslimischer Landesverband in Osnabrück fünf Gemeinden. Gleichzeitig setzten wir uns für islamischen Religionsunterricht – auch an der Universität – ein. Dadurch haben wir einen sehr engen Kontakt. Das Bistum Osnabrück hat auch eine Privatschule, an der islamischer Religionsunterricht unterrichtet wird. Das ist einmalig in der ganzen Bundesrepublik. Wir haben dadurch sehr engen Kontakt. Man kann sagen, dass das eine Ausnahmeerscheinung im ganzen Bundesgebiet ist.“ 
Einen großen Gewinn erhofft sich Avni Altiner vor allem für die jüdischen und muslimischen Familien. Denn es sei das erste Mal, dass man religiöse Riten und Bräuche nicht-christlicher Religionen in dieser Form in einer Schule berücksichtige. Das ist vor allem für die muslimischen Eltern sehr wichtig. Altiner:

„Bei der Elternschaft besteht großes Interesse, weil die Muslime wie auch die jüdischen Eltern, wie wir erfahren haben, den Wunsch haben, dass man auch in der Kantine dieser Schule koscher essen darf, also jüdisch oder auch islamisch oder auch christlich essen kann. Das wird die Kinder und gleichzeitig die Elternschaft auch prägen. Wenn wir in einer Gesellschaft leben, in der alle Religionen gewollt sind, und wenn wir einen sozialen Frieden haben wollen, dann können wir nicht von einem sozialen Frieden voneinander hören, sondern müssen ihn miteinander leben. Das wird bei diesem Projekt der Fall sein. Unter einem Dach: Juden, Christen, Muslime.“ 
Der Dialog zwischen den Religionen steht also im Mittelpunkt. Akzeptanz und Toleranz sind dabei zwei wichtige Stichpunkte. Eine Voraussetzung dafür ist, dass man sich gegenseitig besser kennt. Genau das ist die Absicht der katholischen, muslimischen und jüdischen Religionsgemeinschaften. Michael Grünberg, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde:

„Wir leben hier zusammen, wir arbeiten zusammen, wir lernen uns immer besser kennen. Für unsere Kinder ist es ganz normal, zu wissen, was Weihnachten ist, aber nicht alle christlichen Kinder wissen, was Hanuka ist oder was Purim ist. Und es ist schön, wenn man das erklären kann.“
 
Auch von muslimischer Seite wird diese Ansicht geteilt. Der Vorsitzende des Landesverbandes der Muslime in Niedersachsen Avni Altiner:
„Eine Akzeptanz kommt nur dadurch, dass ich den anderen kenne, ihn intensiv kenne. Wenn ich weiß, dass derjenige, den ich nicht kenne, Moslem oder Jude ist, aber wie ich auch an einen Gott glaubt. Und er hat wie ich auch seine Feierlichkeit. Ob ich Ostern oder Weihnachten feiere, oder andere katholische Feiern, werden sie sehen, dass die Juden auch ihre Feiern haben, die Muslime ihre Feiern haben.“ 
Aber Akzeptanz und Toleranz reichen Altiner noch nicht. Er geht noch einen Schritt weiter:

„Wir müssen auch die andere Seite fördern, den jüdischen Kindern dazu verhelfen, dass sie – als Minderheit unter den Minderheiten – sich auch als Juden bezeichnen können. Das ist enorm wichtig für diese Gesellschaft. Für das soziale Leben ist das sehr wichtig. Es ist auch ein Auftrag an die muslimischen, jüdischen und christlichen Elternteile, dass man die Religion in den Schulalltag und in den Alltag der Stadt stellt. Damit es nicht etwas Verborgenes, etwas Verstecktes ist. Das wird unser Leben prägen. Wir brauchen in dieser Gesellschaft viel ethische und moralische Hilfe und das kann, meiner Meinung nach, durch Religion sehr gut vermittelt werden.“ 
(rv/pm 11.12.2009 jb)







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