2009-12-07 15:41:59

Bolivien: „Gerechtigkeit braucht einen Rechtsstaat“


RealAudioMP3 Die Kirche Boliviens steht für Armenhilfe in einem freiheitlichen, nicht ideologischen System. So kommentiert Michael Meyer, Bolivien-Experte des Bistums Hildesheim, die Wiederwahl Evo Morales vom vergangenen Sonntag. Für den linksgerichteten Präsidenten stimmten nach inoffiziellen Prognosen 63 Prozent der Wähler. Auch in beiden Kammern des Parlaments erlangte seine Bewegung zum Sozialismus (MAS) hohe Mehrheiten. Die Kirche des Landes hatte Morales in der Vergangenheit mehrfach kritisiert. Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat werde sich wohl jetzt noch weiter abkühlen, so Meyer. Er erklärt, warum:

„Erstens schreibt sich Evo Morales auf die Fahnen, dass er sich einsetzt für die Armen, die indigene Bevölkerung, für die Arbeitslosen. Die Kirche trägt an sich das Ziel mit, die Lebensbedingungen dieser Menschen zu verbessern. Allerdings sagt die Kirche: Wir lassen uns nicht missbrauchen als Verbündete in einem ideologischen System, denn die Kirche steht für Armeneinsatz in einem freiheitlichen System!“

Die Regierung habe in den letzten Jahren systematisch versucht, die Kirche aus dem Erziehungs- und Gesundheitswesen herauszuhalten. Dabei leiste sie dort vorzüglichen Einsatz, so der Experte. Doch auch mit Kritik an Morales’ Politik hielten sich die Bischöfe des Landes nicht zurück. Meyer:

„Ein weiterer Punkt, den die Bischofskonferenz des Landes immer wieder angemahnt hat: Gerechtigkeit braucht einen Rechtsstaat. Seit zwei Jahren ist das Verfassungsgericht hier außer Kraft gesetzt! Die Kirche hat immer wieder funktionierende staatliche Organe gefordert. Und dann hat sie auch den Anstieg des Kokainhandels, von Drogen insgesamt, kritisiert. Die Kirche mahnt: Durch den Anbau dieser Drogen fährt der bolivianische Staat in eine Sackgasse."

Die Opposition im Parlament sei einfach zu schwach, klagt der Beobachter. Die Kirche nenne dagegen die Probleme des Landes beim Namen. Das Gespräch mit der Politik wolle man in jedem Fall fortführen, hatte der Erzbischof von La Paz, Edmundo Abastoflor Montero, zuletzt betont. Für diesen Dialog sieht Meyer jedoch schwarz:

„Ich denke, die Auseinandersetzungen zwischen Kirche und Staat werden sich sogar noch verschärfen. Ich gehe davon aus, dass sich das Klima zwischen Bischofskonferenz, Kirche und Regierung nicht verbessern wird. Kirche versteht sich auch als prophetische Kraft und wird, wenn es Dinge anzuklagen gibt, ihre Stimme auch weiter erheben. Andererseits würdigt die Kirche auch die Dinge, die gut laufen: Zum Beispiel die Stärkung der Rechte der indigenen Bevölkerung – das ist eben auch eine „gute“ Errungenschaft der Regierung von Evo Morales.“

(rv/kna 07.12.09 pr)







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