Köhler nach Audienz: „Was hält die Welt zusammen?“
Papst Benedikt XVI.
hat Bundespräsident Horst Köhler am Samstagvormittag in Audienz empfangen. Die Begegnung
in der Privatbibliothek des Papstes dauerte etwa 25 Minuten. Im Mittelpunkt der Gespräche
standen die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise und deren Herausforderungen für
die Gestaltung der Gesellschaft, wie Köhler anschließend vor Journalisten sagte. Köhler: „Mit
dem Papst habe ich vor allem die Frage erörtert, was die Welt zusammenhält. Und diese
Frage ist natürlich auch ausgelöst worden durch die jüngste Wirtschafts- und Finanzkrise.
Wir waren uns einig darüber, dass man sich vertieft Gedanken machen muss, die Freiheit,
die wir alle wollen, Bindung in der Verantwortung braucht, und dass man jetzt ganz
bewusst und nachhaltig arbeiten muss an der Neuordnung der internationalen Wirtschaft
und auch der internationalen Finanzen.“ Das persönliche Engagement des Papstes
innerhalb dieser Diskussion halte er für wichtig, sagte Köhler weiter:
„Ich
habe sehr begrüßt, weil ich aus eigenem Anschauen weiß, wie wichtig Äußerungen des
Papstes sind, zu Fragen der globalen sozialen Gerechtigkeit, dass der Papst erst kürzlich
seine Sozialenzyklika veröffentlicht hat, die wiederum wichtige Grundlagen schafft
für eine Diskussion für eine bessere Welt. Papst Benedikt macht deutlich, dass wir
unseren Blick weiten müssen über die europäische Union hinaus auf die Frage von Gerechtigkeit
und Frieden in der ganzen Welt und dass das Thema Armut und Hunger Gefahren sind für
diese Welt und für die Menschheit.“ Zu dem gemeinsamen Konzertbesuch in der
Sixtinischen Kapelle am Vorabend der Audienz sagte Köhler, er habe den Eindruck, es
habe dem Papst „gut getan“:
„Wenn diejenigen, die dabei waren, genau hingehorcht
haben: er hat selber von dem ‚Vaterland‛ gesprochen, im Zusammenhang mit den 60-Jahr-Feiern
von unserem Grundgesetz und den 20 Jahren friedlicher Revolution in Deutschland.“ Das
Weihnachtsoratorium in der Sixtina war ein Geschenk des Bundespräsidenten, das auch
im Vatikan viel Anklang gefunden hat, wie Köhler nach dem Konzert den jungen Sängern
der Augsburger Domsingknaben verriet:
„Ich habe heute sogar das Wort ‚neidisch’
gehört, denn es gibt ja auch einen Chor im Vatikan. Also, mehr spaßhaft gesagt aber
cum grano salus – also mit einem Körnchen Wahrheit. Ihr seid stark! Das hat selbst
der Kardinalstaatssekretär hier anerkannt.“ Köhler traf noch vor dem Rückflug
mit Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone zusammen. Am Freitag war der Bundespräsident
zudem zu politischen Gesprächen mit Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano zusammengekommen. (rv
5.11.2009 ord/mg/ad)