Benedikt XVI. ist
„Menschenfischer“ – und Nachfolger eines Fischers vom See Genezareth. Da liegt es
nahe, dass er in einer Predigt auch mal zu Fischfang-Metaphern greift. Den Mitgliedern
der internationalen Theologenkommission riet der Papst an diesem Dienstag, „nicht
immer mit demselben Netz zu fischen“.
Frühmesse im Papst-Palast: Schon um
7.30 Uhr zelebriert Benedikt in der von Michelangelo ausgemalten „Paulinischen Kapelle“.
Den angereisten Theologen hält er eine frei gesprochene Predigt – ausgehend von dem
Ruf Jesu: Vater, ich danke dir, dass du das alles den Weisen verborgen, den Unmündigen
aber offenbart hast.
„So geht es ja auch in der Theologie: Da fischt man
in den Wassern der Heiligen Schrift mit einem Netz, das nur Fische in einer bestimmten
Größe fassen kann – und alle Fische, die zu groß sind, passen nicht hinein, so dass
man sich schließlich sagt: Die gibt es gar nicht. Genauso ist es auch mit dem großen
Geheimnis Jesu: Man reduziert den menschgewordenen Sohn auf einen „historischen Jesus“,
eine wirklich tragische Figur, ein Gespenst ohne Fleisch und Knochen – einen, der
im Grab geblieben, der wirklich ein Toter ist. Die Methode weiß bestimmte Fische zu
fangen, aber sie fängt nicht das große Geheimnis ein - weil der Mensch sich selbst
zum Maß macht und bestimmte Methoden absolut setzt, die zu die großen Wirklichkeiten
einfach nicht passen!“
Der Papst schlägt sich auf die Seite der Einfachen
und Ungebildeten: „Die Kleinen, von der Madonna bis zu den Fischern am See Genezareth,
die haben es verstanden“, sagt er. Auch die Kleinen der heutigen Zeit: Er nennt unter
anderem Mutter Teresa und den erst in diesem Herbst heilig gesprochenen Damian de
Veuster. „Große Gelehrte, große Spezialisten, große theologische Meister des Glaubens“
hingegen hätten uns „viel gelehrt“, seien „in die Details der Schriften und der Heilsgeschichte
eingedrungen..., konnten aber den wahren Kern, das Geheimnis selbst, nicht erkennen“.
Der Papst sagt, er könne auch Namen nennen, lässt es dann aber und fragt stattdessen:
„Warum
ist das so? Ist das Christentum die Religion der Dummen, der Ungebildeten? Erlischt
der Glaube da, wo die Vernunft aufwacht? Nicht ganz, wenn wir in die Geschichte schauen.
Es gibt nämlich auch Kleine, die gleichzeitig Wissende sind. Etwa Johannes, Fischer
vom See Genezareth, der aber unter dem Kreuz steht, und den die Kirche „den Theologen“
nennt. Oder Saulus, der zunächst gelehrt ist, aber nicht sehend, und der sich nach
seinem Damaskus-Erlebnis kleinmacht und zu sehen beginnt. Der große Gelehrte wird
ein Kleiner – und sieht so in der vermeintlichen Torheit Gottes Weisheit, die menschliche
Weisheiten übersteigt.“
„Der Spezialist sieht nur noch
Details, aber nicht mehr das Ganze“, so der Papst. Und er betet – mit den Theologen
zusammen – um Demut: „Dass wir uns klein machen, um wirklich weise zu werden“.