Die Kirchen in Osteuropa
befinden sich in einem Umbruchsprozess mit einem ungewissem Ausgang. So sieht das
der ungarische katholische Theologe und Religionssoziologe Miklos Tomka. Auf der einen
Seite komme es zu einem „Verfall volkskirchlicher Strukturen“ und einem gleichzeitigen
Anwachsen religiöser Basisbewegungen. Auf der anderen Seite lehne sich insbesondere
die katholische Kirche stark an die jeweiligen, oft rechten Regierungsparteien an,
um ihren gesellschaftlichen Einfluss nicht zu verlieren, so Tomka in seiner Analyse
beim internationalen Symposion „Kommunismus im Rückblick: Ökumenische Perspektiven
aus Ost und West“, das am Freitag und Samstag an der Universität Wien stattfindet.
Tomka wörtlich:
„Insgesamt präsentieren sich die Gesellschaften in Ost-
und Mittelosteuropa tief gespalten im Blick auf die Hoffnungen, die mit der europäischen
Integration verbunden sind. Insbesondere unter den älteren Menschen herrscht das Gefühl
vor, von einer sowjetischen Kolonie zu einer Kolonie Brüssels geworden zu sein. Der
Zuwachs an Freiheit und Demokratie wird zwar positiv bewertet, dennoch herrscht eine
große Ernüchterung angesichts des geringen sozialen Niveaus sowie wachsender Arbeits-
und Obdachlosigkeit.“ Laut Tomka genießen die Kirchen zwanzig Jahre nach der
Wende in den Ländern Osteuropas durchwegs ein hohes gesellschaftliches Ansehen.
„In
dieser Situation suchen die Kirchen eine zu große Nähe zu den rechten Parteien. Darunter
sind jedoch nicht notwendigerweise nationalistische Parteien und Gruppierungen zu
verstehen, sondern vielmehr das gesamte Spektrum der anti-kommunistischen Parteien.
Die Kirche sucht nun die Nähe zu diesen rechten Parteien, da sie die weiterhin bei
den linken Parteien gepflegten, antireligiösen Vorurteile fürchten.“ Veranstaltet
wurde das Symposion in Wien gemeinsam vom Institut für Sozialethik der Katholisch-Theologischen
Fakultät, der Hilfsorganisation Renovabis, der Stiftung „Pro Oriente“ sowie der österreichischen
Kommission „Iustitia et pax“.