Islamischer Fundamentalismus?
Gibt`s – das wissen wir, nicht erst seit Nine-Eleven. Islamischer Feminismus? Davon
haben wir noch nicht soviel gehört... Dabei gibt es den auch, sagt die Politologin
Eva Maria Pföstl vom römischen Institut für politische Studien "San Pio V." in Rom.
Im Gespräch mit Stefan Kempis ruft sie dazu auf, diese und andere wichtige Bewegungen
in der islamischen Welt auch wahrzunehmen: Denn diese islamische Welt ist bei weitem
nicht der einheitliche Block, als der er von außen erscheinen mag.
„Ja,
es gibt auch einen islamischen Feminismus – und der ist sehr interessant, denn er
bringt etwa die Rechte der Frauen mit dem Koran in Einklang. Man versucht also, einen
Zusammenhang zu finden zwischen den Menschenrechten – darunter den Rechten der Frauen,
ihren Ansprüchen, ihren Wünschen nach mehr Freiheit und Vertretensein in der Öffentlichkeit
– und den Vorschriften des Korans! In Marokko zum Beispiel ist das bestens gelungen
mit dem neuen Familienrecht: Darin ist festgelegt, dass die Frau mehr Rechte hat,
aber ohne dass die islamische Struktur der Familie dadurch irgendwie beeinträchtigt
würde. Und genauso Ägypten: Dort hat man im Jahr 2002 das Scheidungsrecht geändert,
und auch dort wurde praktisch diese Zusammenarbeit zwischen den religiösen Aspekten
und den universellen Rechten der Frauen gesucht; das ist auch gelungen!“
Wo
kommt denn diese Bewegung her? Das wird ja kaum beeinflusst sein vom westlichen Feminismus...
oder etwa doch, über irgendwelche untergründigen Kanäle?
„Ich glaube, es
kommt direkt von den Frauenbewegungen innerhalb der islamischen Staaten. Sicherlich
ist auch ein Einfluss von den feministischen Bewegungen von außerhalb dieser Länder
zu sehen, aber das Resultat ist eben ein anderes. Man hat dort nicht diese universellen
Ansprüche, welche die feministischen Bewegungen in Europa und Amerika haben, sondern
man versucht das Lokale mit dem Globalen zu kombinieren.“
Dann hat aber
doch eine islamische Feministin mit einer westlichen sehr wenig gemeinsamen Grund
und sehr wenig zu besprechen – oder?
„Nein – sie haben sicher sehr viel
gemeinsam! Denn die Frauen wollen ja alle dasselbe: Gleichberechtigt sein, Mitspracherechte
haben. Nur versucht man eben, dies innerhalb der islamischen Traditionen fortzuführen,
denn ansonsten hätte natürlich die islamische Frauenbewegung keinerlei Möglichkeit,
ihre Forderungen durchzusetzen. Und so haben sie auch nicht nur innerhalb der traditionellen
Frauenbewegungen Zuspruch, sondern auch innerhalb der politischen Parteien (soweit
sie existieren) Unterstützung.“
Wenn man von hier, vom Westen, aus in die
mehrheitlich islamischen Länder schaut, dann sieht man Burkas und Frauen, die ins
Innere des Hauses verbannt werden. Wo gibt es überhaupt noch Spielräume weiblicher
Autonomie, wo Frauen wirklich bestimmen und entscheiden? Nur im Haus? Ist das nicht
ein zu kleiner Raum?
„Na ja – vom Haus einmal abgesehen gibt es ja auch
die Universitäten und viele öffentliche Einrichtungen, wo die Frauen einige ihrer
Rechte durchsetzen können. Logischerweise kann man jetzt nicht von einer vollen Gleichberechtigung
der Frauen sprechen; aber sie haben Fortschritte gemacht. Das spiegelt die Entwicklung
in der Gesellschaft wider: Die Gesellschaften funktionieren nur dann gut, wenn die
Frauen gleichberechtigt sind. Die Harvard-Universität hat dazu erst kürzlich eine
Studie veröffentlicht, die genau nachweist: Wo Frauen gleichberechtigt sind, gibt
es weniger Konfliktsituationen. Das ist das Resultat einer weltweiten Studie.“