2009-11-24 10:26:44

Russland: „Kein interreligiöses Problem“


RealAudioMP3 Die Ermordung des russisch-orthodoxen Priesters Daniel Sisojew hat in Moskau für großes Aufsehen gesorgt. Der Priester war vergangene Woche in seiner Pfarrkirche von einem Unbekannten mit mehreren Schüssen niedergestreckt worden; auch der Assistent des 35-jährigen Priesters wurde schwer verletzt.
Patriarch Kyrill I. würdigte in seiner Trauerbotschaft den missionarischen Einsatz des ermordeten Priesters, der sich vor allem der Jugend angenommen habe. In der ganzen russischen Kirche herrsche Trauer um Daniel Sisojew. Der Mord sei eine „Herausforderung des göttlichen Rechts und Entweihung eines heiligen Orts“, so Patriarch Kyrill.

Zum Hintergrund: Die russischen Sicherheits- und Justizbehörden ermitteln in alle Richtungen. Der Priester habe per Telefon und E-Mail Todesdrohungen sowohl aus islamistischen wie auch aus so genannten „neuheidnischen“ Kreisen erhalten, hieß es in Moskau. Deshalb habe er sich auch an den russischen Inlandsgeheimdienst gewandt.

Doch der Russland-Experte und Dozent für Ökumene und Friedensforschung an der Uni Münster, Thomas Bremer, glaubt nicht, dass es in Russland ein „interreligiöses Problem“ gibt.

„In Russland leben – wie allgemein bekannt ist – mehrheitlich orthodoxe Christen. Insgesamt sind es etwa Dreiviertel der Bevölkerung, die sich zur Orthodoxie bekennen. Etwa 6,2 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum Islam. Dazu muss man sagen, dass die Muslime schwerpunktmäßig in ganz bestimmten Regionen leben, also im Kaukasus, Tschetschenien oder Tatarstan. Doch allgemein sind die interreligiösen Beziehungen immer zwischennationale Beziehungen. Das Bekenntnis einer Religion bedeutet in Russland fast immer auch das Bekenntnis zu einer bestimmten Nation.“ 
Seit dem Fall des atheistischen Sowjetkommunismus habe sich das religiöse Leben in eine bestimmte Richtung entwickelt.

„Es ist interessant, dass zunächst das religiöse Leben einen Aufschwung erlebte. Es wurden viele Kirchen, Moscheen und andere Gotteshäuser gebaut. Viele Menschen bekennen sich zur Religion – vielmehr natürlich, als das früher der Fall gewesen war. Doch ganz wichtig ist, dass Religion allgemein als ein positiver Wert gesehen wird. Auch Menschen, die selber nicht oder nicht so intensiv religiös sind, halten Religion dennoch für etwas Positives.“ 
(rv/kap 23.11.2009 mg)







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