2009-11-22 13:10:01

Künstlertreff: Nicht ganz der gleichen Meinung


RealAudioMP3 „Rotzigkeit ist in der Kunst ein sicherer Ausweis, dass man bedeutend ist.“ Das meint der deutsche Theaterregisseur Peter Stein, und in der Tat: Auch er war am Samstag eingeladen bei dem Künstlertreffen mit Papst Benedikt XVI. in der Sixtinischen Kappelle. Hier das Interview, das er im Anschluss an das Treffen Gudrun Sailer gegeben hat:

Frage: Papst Benedikt hat eine Meditation über Schönheit in der Kunst gehalten und vor einem Schönheitsbegriff gewarnt, der nur den Skandal und die Zerstörung im Auge hat, anstatt das Heil des Menschen. Wie stehen Sie dazu?

Peter Stein: „Ich kann mich dazu nicht konkret äußern, weil ich kein Wort verstanden habe. Die akustische Anlage war miserabel! Ich verstehe italienisch und spreche italienisch mindestens so gut wie Herr Ratzinger. Aber deswegen kann ich mich dazu nicht äußern. Nun ist es so: Der Begriff der Schönheit ist sehr relativ. Viele Leute finden etwas schön, was andere nicht schön finden. Natürlich, ein Repräsentant einer so gewaltigen Institution wie der katholischen Kirche hat die Tendenz zur Vereinfachung und zur Simplifizierung. Wir Künstler dagegen habe die Aufgabe der Differenzierung. Wir müssen Schönheit sehen, wo sie vielleicht Herr Ratzinger nicht sieht. Wir müssen auch Hässlichkeiten verteidigen als Künstler, weil sie Abbild sind der Realität, in der wir leben, die Herr Ratzinger vielleicht nicht so gerne sehen mag. Aber grundsätzlich ist es so, dass ich persönlich eigentlich gerne möchte, dass die Sachen, die ich herstelle, den Leuten ästhetisch gefallen, würde ich vorsichtig ausdrücken, und nicht genauso hässlich sind wie das meiste, was mich umgibt. Wobei das ja schon gar nicht stimmt. Uns umgibt ja unglaublich viel Schönheit. Aber nicht nur. In dieser Zwiespältigkeit würde ich das mit dem Schönheitsbegriff lieber lassen als so eindeutige Dinge sagen, die so offensichtlich der Herr Ratzinger gesagt hat.“  
Waren Sie überrascht, eingeladen zu sein?

„Nicht unbedingt, aber das liegt daran, dass ich verheiratet bin mit Maddalena Crippa, und sie hat sich sehr oft an Veranstaltungen beteiligt, die die katholische Kirche organisiert hat. Dementsprechend war ich nicht so überrascht. Maddalena Crippa, eine der bedeutendsten Schauspielerinnen Italiens, gehört selbstverständlich hierher, wenn man die Künstler einlädt. Ich nicht unbedingt.“  
Was nehmen Sie mit?

„Ich habe mitnehmen können, dass ich zweieinhalb Stunden lang Gelegenheit hatte, die Cappella Sistina zu studieren und meinen Michelangelo zu studieren. Davon bin ich sehr sehr angetan.“  
(gs 22.11.2009 mc)







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