Als Papst Benedikt
vor einem halben Jahr ins Heilige Land pilgerte, sollte das vor allem ein Solidaritäts-Besuch
bei der geprüften, durch Auswanderung dezimierten christlichen Minderheit sein. Die
Ortskirche nahm im vergangenen Mai diese Geste mit großer Dankbarkeit auf. Im Stillen
hoffte vielleicht aber auch mancher, das Kirchenoberhaupt könne mit seinem moralischen
Einfluss an dem einen oder anderen Problem an sich rütteln. Wie sieht es heute aus?
Gabi Fröhlich berichtet:
Schätzungsweise 165.000 Mitglieder zählen die traditionellen
christlichen Gemeinschaften in Israel und den Palästinensergebieten – die allermeisten
sind Araber. Dass sie eine Minderheit in ihrer eigenen, überwiegend muslimischen Gesellschaft
sind, macht ihre Lage nicht leichter. Gleichzeitig sind sie dem israelischen Generalverdacht
gegen alles Arabische ausgesetzt und müssen mit schweren Beschränkungen im Alltag
kämpfen. Die katholische Kirche ist davon direkt betroffen, zum Beispiel über das
Visa-Problem. Franziskaner-Kustos Pierbattista Pizzaballa bezeichnet das Thema als
schlicht und einfach „…nevtötend. Manche Visa bekommt man, manche
nicht. Man weiß nie, wie lang es dauert. Manchmal steht alles still, weil es irgendeine
politische Krise gibt, irgendwann geht es wieder weiter. Wir haben einfach nie Klarheit.“
Ist
die Geduld der Kirchenvertreter am Ende? Sollte die Kirchenführung das Register wechseln
und mal richtig auf den Tisch hauen – hinter vorgehaltener Hand wird das von manchen
gefordert. Der Kustos hat da allerdings Bedenken:
„Die Leute glauben oft,
wir hätten eine überdimensionale Macht. Aber das ist nicht der Fall. Die Welt wartet
nicht auf uns, seien wir doch mal ehrlich. Und auch nicht Israel. Man wirft uns oft
vor, wir träten nicht kräftig genug in den Gesprächen mit Israel auf. Ich jedoch bin
der Meinung, dass die Kirche zunächst überhaupt mit Israel sprechen muss. Wir gehen
zu Israel immer dann, wenn es Probleme gibt. Und dann ist es oft schwer, herauszufinden,
mit wem man konkret sprechen soll. Es gibt keinen ständigen, offenen Kanal des Dialogs.“
Und
wie dieser Dialog geführt werden sollte – dafür hat nach Ansicht des Franziskaners
Papst Benedikt bei seinem Besuch vor sechs Monaten ein bemerkenswertes Beispiel gegeben.
„Der Papst war sehr mutig – er hatte seine Perspektive, er hatte etwas
zu sagen - und er hat es gesagt. Und zwar klar, aber in einer unaufgeregten Weise.
Er hat sich den fertigen Drehbüchern verweigert, die in dieser Region sonst dem Besucher
gerne aufgezwungen werden. Mit dieser inneren Freiheit müssen auch wir in diesem schwierigen
Umfeld weiter gehen, ohne falsche Erwartungen. Es gibt Probleme, die gelöst werden
können und andere, die nicht gelöst werden können, mit denen wir leben müssen. Vieles
braucht sehr viel Zeit, vielleicht sogar Generationen. Was wir tun können, ist hier
zu sein, mitten in diesen Problemen, mit unserem Stil, als Christen.“