Der Ökumene-Verantwortliche
des Vatikans hat die Veröffentlichung des Vatikan-Dokuments zu Anglikanern nicht in
Rom erlebt: Kardinal Walter Kasper ist zur Zeit in Minsk. Doch der deutsche Kurienkardinal
hat kurz vor seinem Abflug mit dem Papst u.a. über die „Apostolische Konstitution“
gesprochen – und am Wochenende uns gegenüber klargestellt, dass das Zugehen Roms auf
traditionelle Anglikaner kein Stolperstein für die Ökumene ist.
„Es ist kein
Hindernis für die Ökumene, denn wir haben von Anfang an gesagt: Wenn Einzelne aus
Gewissensgründen übertreten wollen zur katholischen Kirche, dann ist das kein Schritt
gegen die Ökumene – und wenn das jetzt eine ganze Gruppe tun will, dann hat man das
einfach als Religions- und Gewissensfreiheit zu akzeptieren. Es gibt ja auch in den
Vereinigten Staaten viele, die anglikanisch geworden sind – das hatten wir auch akzeptiert!
Das freut keine Kirche, aber man muß das anerkennen.
Der Papst reagiert mit
dieser Entscheidung auf Anfragen und Bitten von anglikanischer Seite; es ist keine
Initiative von vatikanischer Seite. Aber die Tatsache, dass bestimmte Bischöfe, Priester
und auch Laien offensichtlich katholisch werden wollen, verdankt sich dem ökumenischen
Gespräch – das ist bereits eine gewisse Frucht. Denn durch die ökumenischen Gespräche
haben die Anglikaner gemerkt: Das gibt uns ja Brücken, das ist viel näher beieinander!
Und zum Zweiten: Die ökumenischen Gespräche mit der anglikanischen Kirche
gehen weiter. Wir werden erst in zwei Wochen wieder Begegnungen haben mit ihnen und
wollen da beschließen, eine neue Runde der ökumenischen Gespräche aufzunehmen. Im
übrigen wird am 19. November auch der Erzbischof von Canterbury, also das Haupt der
anglikanischen Gemeinschaft, in Rom sein, wird eine Audienz beim Papst haben... Auch
das zeigt: Es ist da kein so grundsätzlicher Wandel und vor allem kein Bruch der Ökumene
im Blick. Im Gegenteil: Das ist jetzt eine Entwicklung - die wir nicht gewollt haben
– aufgrund der inneren Schwierigkeiten und Spannungen in der anglikanischen Kirche,
die man akzeptieren muss. Der Papst hat die Tür geöffnet für diejenigen, die wollen
– mehr nicht!“
Wenn anglikanische Pastoren katholische Priester werden wollen
– können sie das, wenn sie verheiratet sind?
„Nach dieser neuen Konstitution
ist es für die, die schon anglikanische Priester und verheiratet sind, natürlich möglich,
ihre Ehe weiterzuführen und auch katholisch ordiniert zu werden – aber Seminaristen
sind in Zukunft an den Zölibat gebunden, wie die Priester der katholischen Kirche
auch. Es handelt sich also um eine reine Übergangslösung.“
Und anglikanische
Bischöfe, die verheiratet sind, können wohl nicht katholische Bischöfe werden – oder
doch?
„Die können katholische Bischöfe werden, wenn sie nicht verheiratet sind
– denn verheiratete Bischöfe wären ja gegen die Tradition der Westkirche wie der Ostkirche.
Das wäre etwas Neues – das hat man nie gehabt, und das möchte man auch nicht einführen.
Das würde uns auch Schwierigkeiten mit den Orthodoxen machen!“
Die Fragen an
Kardinal Kasper stellte Pater Eberhard von Gemmingen.