2009-11-09 11:53:20

Christenverfolgung im Iran: Das neue Apostasiegesetz


Die Lage der Christen und anderer Minderheiten im Gottesstaat Iran ist dramatisch. Vor allem ein neues Gesetz gegen Apostasie bedroht sie. Markus Rode ist Leiter des überkonfessionellen Hilfswerkes „Open Doors“, das sich weltweit für verfolgte Christen einsetzt. Er sagt:

„Die Situation der Christen im Land ist seit Ahmadinedschad sehr schlecht - und ist sogar noch schlechter geworden seit der Wahl. Christen werden im Iran nach wie vor verfolgt, und zwar besonders diejenigen, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind.“

Nach Schätzung des Hilfswerkes gibt es von solchen „Konvertiten“ im Iran zur Zeit etwa 100.000. Diesen Gläubigen droht vielleicht schon bald der Tod, denn die Führer des Gottesstaates stehen kurz davor, ein Gesetz – „Apostasiegesetz“ genannt – zu verabschieden, nach dem ein Glaubensübertritt mit Hinrichtung bestraft wird. Rode:

„Apostasie heißt ja „Abfall vom Glauben“; also wenn jemand zum Beispiel vom Islam zum Christentum konvertiert. Darauf steht nach der Scharia die Todesstrafe. Das iranische Parlament hat im September 2008 mit großer Mehrheit ein Gesetz gebilligt, nach dem ein vom Glauben Abfallener zum Tode verurteilt werden kann. Einzig und allein die Zustimmung vom Wächterrat ist noch notwendig, um dieses Gesetz dann zum Vollzug zu bringen.“

Wegen der Unruhen während der Präsidentschaftswahlen sei die Entscheidung zurückgestellt worden, so Rode. Dem „Hardliner“ Mahmud Ahmadinedschad sei aber alles zuzutrauen, glaubt der Menschenrechtsaktivist mit Blick auf Berichte verfolgter Christen.

„Das ist nicht nur eine Drohgebärde. Wir sehen ja ganz aktiv, dass gerade in den letzten Monaten eine harte Verfolgung von Christen durchgeführt wird. Es werden Hausgemeinden von Polizisten gestürmt, man kann von einer regelrechten Verhaftungswelle gegen Christen sprechen. Und ich kann mir gut vorstellen, dass, wenn der Gesetzesentwurf vom Wächterrat genehmigt wird, Ahmadinedschad ernst macht und die Christen umbringt.“

Religions- und Gewissensfreiheit sind die Quelle aller anderen Rechte, sagte der Papst vor einigen Tagen gegenüber dem neuen iranischen Botschafter. Für ein Land, in dem die Scharia „oberstes und göttliches Gesetz“ ist, ist dieser Freiheitsbegriff aber sehr relativ. Rode:

„Wenn man heute vor einem deutschen Gericht als Iraner steht, der abgeschoben werden soll, dann wird oft von den Richtern gesagt: Naja, es gibt ja die Religions- und Gewissensfreiheit, die in der iranischen Verfassung verankert ist. Was man aber oft leider nicht weiß: Diese Freiheit gibt es im Iran nur unter dem „Deckel“ der Scharia. Insofern gibt es keine wirkliche Religionsfreiheit. Es gibt nur die „Freiheit, zum Islam zu kommen,“ der einzigen wirklichen Staatsreligion im Iran.“

Freiheit in den engen Schranken eines radikal interpretierten Islams also. Das war nicht immer so, denn die heutige Mullah-Diktatur war einst eines der modernsten und liberalsten Länder der Welt. Wäre es also die Erinnerung an verlorene Rechte, die die Iraner auf die Barrikaden treibt? Erste Anzeichen dafür habe es schon gegeben. Rode:

„Die Zukunft des Irans hängt letztlich von der Frage ab, wie die Menschen, die ja schon damals unter dem Schah Freiheit erlebt haben, diese Freiheit zurückhaben möchten. Wir haben das ja bei den Wahlen gesehen, dass es da regelrechte Umsturzmöglichkeiten gegeben hat. Dass große Teile der Bevölkerung nicht hinter Ahmadinedschad stehen! Es wird davon abhängen, ob die Menschen sich tatsächlich von diesem radikal-islamischen Regime befreien werden... oder ob dieses Regime noch mehr seine Machtposition verfestigen kann.“


(rv 09.11.2009 pr)







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