Franz - der erste Künstler

Ende November empfängt der Papst die Künstler in der Sixtinischen Kapelle. Patron dieses einmaligen Treffens ist natürlich in gewisser Weise Michelangelo, der Schöpfer des „Jüngsten Gerichts“ und der Deckenfresken der Sixtina. Aber eigentlich könnte auch der heilige Franz von Assisi Pate stehen bei der Audienz – denn der war sozusagen ein Urbild der heutigen Künstler. Sagt – etwas überraschend - der deutsche Kulturschaffende Wolfgang Storch, der in Berlin und Volterra arbeitet.

„Francesco ist wunderbar! Mit dieser Kraft, mit der er die Imitatio Christi gelebt hat und mit der er sich in „Performances“ gezeigt hat – er ist wie ein großer Künstler. Der erste große Aktionskünstler. ‚Als sein Vater das Geld wiederhaben wollte, was er ihm entwendet hatte, zieht er sich nackt aus und sagt in Anwesenheit des Bischofs nackt zu ihm: „Du warst mein Vater! Mein Vater ist Gott.“ Mit dieser Aktion beginnen eine Reihe von großen Manifestationen bis hin zu dieser ersten Installation einer Krippe… Mit diesen Aktionen gibt er die Kraft für den Neuanfang – und bewirkt so viel für die Künste! Durch ihn befreit sich die Malerei von der Ikone und beginnt das, was unsere Kunst und Kultur prägt. Darum ist er für mich – der Anfang.“

Franz von Assisi also sozusagen auch der erste Performance-Künstler, lange vor Beuys?

„Ja! Und ich kann keinen großen Unterschied finden zwischen Beuys und Franz… Natürlich sind das ganz verschiedene Welten – aber der Ansatz, die Christuskraft zu gewinnen, die ist bei Beuys wie bei Franz von Assisi dieselbe. Und diese Aktion, die er gemacht hat, in der sich die Kunst manifestiert, um den anderen zu erreichen und eine Öffentlichkeit herzustellen mit diesen Aktionen – das verbindet Beuys und Franz von Assisi. Hier ist, würde ich sagen, der Kern – der „nucleus“ – unserer Kultur.“

(rv 06.11.2009 sk)