Schwedens lutherische Kirche: Gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Paare
Kirchliche Trauung für gleichgeschlechtliche Paare – mit der Entscheidung für die
Segnung der Homosexuellen-Ehe sorgte Schwedens lutherische Kirche im Oktober international
für Aufregung. Die Entscheidung ist Teil eines kirchlichen Liberalisierungsprozesses,
der schon Ende der 50er Jahre begann. Das Thema ist eine Menschenrechtsfrage, sagen
Antje Jackelén, Bischöfin von Lund, und ihr theologischer Berater Werner Jeanrond,
(katholischer) Theologieprofessor, im Gespräch mit Radio Vatikan. Die beiden nehmen
derzeit in Rom an einem Kongress über Europas spirituelle Wurzeln teil. Das Thema,
wie man mit homosexuellen Paaren umgehen sollte, wird in der lutherischen Kirche Schwedens
schon lange diskutiert, so Bischöfin Jackélen.
„Schon seit einigen Jahren
hat die Kirche einen Ritus für die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften.
Nun hat der Staat im Frühjahr ein neues Gesetz gemacht, das diese Verbindungen nicht
mehr „registrierte Partnerschaft“, sondern „Ehe“ nennt. Die Frage war, wie verhalten
wir uns dazu als Kirche? Die Synode hat nun beschlossen, dass wir das so machen können.
Wir haben zugestimmt, dass gleichgeschlechtliche Paare wie alle anderen einen Eheschließungsgottesdienst
feiern können.“
Professor Jeanrond, der als katholischer Theologe auch
in Schweden doziert hat, ist von der Bischöfin im Vorfeld der Entscheidungsprozesse
beratend hinzugezogen worden. Er sieht die Entscheidung der lutherischen Kirche als
mutigen ersten Schritt. Jeanrond weiß, dass er der Leitung seiner eigenen - der katholischen
- Kirche in dieser Hinsicht widerspricht; dennoch meint er:
„In der katholischen
Kirche, in der anglikanischen Kirche und in der Kirche von Schottland hat man überhaupt
noch keinen Mut gefasst, Stellung zu den Problemen zu nehmen, die gleichgeschlechtliche
Beziehungen mit sich bringen. Und wir versuchen doch jetzt einen ersten Schritt. Da
es noch keine eingeschlagenen Pfade gibt, müssen wir als schwedische Kirche versuchen,
einen Pfad zu trampeln – wie immer der auch ist – den ihr dann nachgehen oder besser
machen könnt. Bei aller Kritik an dem Versuch: Ich glaube, aus Menschenrechtserwägungen
jedem Mensch das gleiche Rechte zuzugestehen, muss in der ganzen katholischen Kirche
in Zukunft einen Versuch wert sein. Wie wollen wir mit homosexuell geborenen Menschen
umgehen? Wie wollen und können wir ihre Verwirklichung im, nicht ohne das Reich Gottes
mitgestalten helfen?“
Die lutherische Bischöfin, die ursprünglich aus Deutschland
stammt, räumt ein, dass einige lutherische Schwesterkirchen die Entwicklung der schwedischen
Kirche mit Unruhe sehen:
„Unter der Oberfläche sind da
viele Fragen. Die schwedische Kirche hat seit den 70er Jahren aber aktiv an der Frage
der Homosexualität gearbeitet; das ist ein langer Prozess. Es gibt da solide thologische
Vorarbeit. Wir müssen diesen Beschluss in Relation setzen zum Ganzen: Sowohl theologisch
als auch sozial ist die Veränderung relativ begrenzt. Ich denke, wir müssen uns als
Kirchen davon frei machen, dass wir so auf Sexualität getrimmt sind zur Zeit...“