Kirchliche Trauung
auch für gleichgeschlechtliche Paare? Die lutherische Kirche Schwedens machte zuletzt
mit der Entscheidung der Synode Schlagzeilen, homosexuelle Paare auch kirchlich zu
trauen. Seit Ende der 50er Jahre hatte in der schwedischen Kirche ein Liberalisierungsprozess
begonnen. Die Entscheidung zur Segnung der Homosexuellen-Ehe ist das jüngste Beispiel
für diese Entwicklung. Nach Ansicht von Antje Jackelén, Bischöfin von Lund, ist das
Thema aber nicht die einzige Herausforderung der Kirche des Landes. Werner Jeanrond,
Theologieprofessor an der Universität von Glasgow und theologischer Berater der Bischöfin,
stimmt ihr zu. Die beiden nehmen in Rom zur Zeit an einem Kongress über Europas spirituelle
Wurzeln teil. Stefan Kempis hat mit ihnen gesprochen.
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Bischöfin
von Lund: „Der Hintergrund ist Folgender. Schon seit einigen Jahren hat die
Kirche einen Ritus für die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Nun hat
der Stsst im Frühjahr ein neues Gesetz gemacht, das diese Verbindungen nicht mehr
„registrierte Partnerschaft“, sondern „Ehe“ nennt. Die Frage war, wie verhalten wir
uns dazu als Kirche? Die Synode hat nun beschlossen, dass wir das so machen können.
Wir haben zugestimmt, dass gleichgeschlechtliche Paare wir alle anderen einen Eheschließungsgottesdienst
feiern können.“
Haben Sie, Herr Jeanrond, als katholischer,
in Lund lehrender Professor bei Gesprächen mit lutherischen Gesprächspartnern nicht
gesgt: Vorsicht, da stehen Probleme ins Haus?
Professor
Jeanrond: „Ich bin als Theologe, nicht als Katholik, sondern als Berufstheologe
gehört worden, im Vorlauf zu diesen Entscheidungsprozessen. Und mir ging es darum
zu fragen: Wie stellt ihr euch denn vor, wie irgendwelche Partnerschaften oder Ehen
dem Reich Gottes dienen? Es geht doch in erster Linie nicht darum, irgendwelche Segnungen
auszuteilen, sondern sich darauf zu besinnen, welchen Auftrag wir in Gottes Schöpfung
haben als Kirche und im ökumenischen Sinne zu Diensten zu stehen. Da wurde mir geantwortet,
und das ist durchaus ein wichtiger Einwand, in der katholischen Kirche, in der anglikanischen
Kirche und in der Kirche von Schottland hat man überhaupt noch keinen Mut gefasst,
Stellung zu den Problemen zu nehmen, die gleichgeschlechtliche Beziehungen mit sich
bringen. Und wir versuchen doch jetzt einen ersten Schritt. Und da es noch keine eingeschlagenen
Pfade gibt, müssen wir als schwedische Kirche versuchen, einen Pfad zu trampeln –
wie immer der auch ist – den ihr dann nachgehen oder besser machen könnt. Bei aller
Kritik an dem Versuch: Ich glaube, aus Menschenrechtserwägungen jedem Mensch das gleiche
Rechtz zuzugestehen muss in der ganzen katholischen Kirche in Zukunft ein Versuch
wert sein, wie wir mit homosexuell geborenen Menschen umgehen wollen und wie wir mit
ihrer Verwirklichung im, nicht ohne das Reich Gottes mitgestalten helfen können.“
Der
Kurs der lutherischen Kirche in Schweden ruft auch bei einigen Schwesterkirchen Unverständnis
hervor. Ist das eine parallele Entwicklung zu den Anglikanern?
Bischöfin
von Lund: „Unter der Oberfläche sind da viele Fragen. Die schwedische Kirche
hat seit den 70er jahren aber aktiv mit der Frage der Homosexualität gearbeitet, das
ist ein langer Prozess. Es gibt da solide thologische Vorarbeit. Wir müssen diesen
Beschluss in Relation setzen zum Ganzen. Sowohl theologisch als auch sozial ist die
Veränderung relativ begrenzt. Ich denke, wir müssen uns als Kirchen davon frei machen,
dass wir so auf Sexualität getrimmt sind zur Zeit. Wir dürfen nicht vergessen, welche
anderen großen Herausforderungen wir noch haben: Schöpfung, Klima, soziale Gerechtigkeit
und ich denke auch in den sekularisierten Ländern Europas, welcher enormer Bedarf
besteht an neuer Erkenntnis, worum es eigentlich geht beim christlichen Glauben.“
Sie
nehmen in Rom und in Vatikannähe an einem Kongress über Europas geistliche Wurzeln
teil. Sie erleben dann ein Rom, das aus schwedischer oder Glasgower Perspektive sehr
traditionell noch aussieht. Was würden sie denn gerne mal vatikanischen Gesprächspartnern
ins Stammbuch schreiben?
Professor Jeanrond: „Keine der drei
großen monotheistischen Religionen stammt aus Europa, sondern dass sie alle drei -
Judentum, Chirstentum, Islam - nach Europa gekommen sind. Und wir in Europa die Gnade
bekommen haben, ein erbe mitzugestalten, nicht nur zu verwalten, das zukunftsträchtig
sein soll. das interessante ist, dass wir heute und vor allem seit dem zweiten Vatikan-Konzil
ohne die anderen unseren Gottesbezug nicht mehr leben können. Das heißt, wir brauchen
die anderen, um Gottes Mysterium zu verstehen, was in Nostra Etate ja auch schön ausgedrückt
ist. Wenn man das jetzt anders formuliert, kann man sagen: Die Zukunft Europas eben
nicht eine homogene Zukunft sein kann, sondern eine vielgeschichtige Zukunft sein
muss. Deshalb ist es schön, dass wir uns hier mit vatikanischen Gesprächspartnern
treffen können und überlegen können, wie wir diese pluralistische, aber nicht realitivitsiche
Zukunft Europas gemeinsam gestalten können. Das ist ein Erbe für unsere Kinder, das
sie wissen lassen soll, dass die jeweilige Andersartigkeit eine Gottesgabe ist, ohne
die wir Gott, sein Mysterium und die Schopfung nicht angemessen versetehen können.“
Bischöfin
von Lund: „Ich habe da keine andere Auffassung, teile das voll und ganz. Ich
würde mehr praktisch noch hinzufügen wollen: Wir müssen ernsthaft bedenken, wie ökumenische
Arbeit neue Formen finden kann und muss. Der interreligiöse Dialog ist sio dringend
in unserer Zeit und andererseits sind die traditionellen Arbeitsformen ökumenischer
Arbeit, bei denen sich alte Herren treffen nicht mehr tragend. Eine Fussvolks-Ökumene
kann hingegen ganz andere Dinge zutage fördern... Das ist spannend."