2009-11-03 14:26:58

Schweden: Lutherische Bischöfin im Interview


RealAudioMP3 Kirchliche Trauung auch für gleichgeschlechtliche Paare? Die lutherische Kirche Schwedens machte zuletzt mit der Entscheidung der Synode Schlagzeilen, homosexuelle Paare auch kirchlich zu trauen. Seit Ende der 50er Jahre hatte in der schwedischen Kirche ein Liberalisierungsprozess begonnen. Die Entscheidung zur Segnung der Homosexuellen-Ehe ist das jüngste Beispiel für diese Entwicklung. Nach Ansicht von Antje Jackelén, Bischöfin von Lund, ist das Thema aber nicht die einzige Herausforderung der Kirche des Landes. Werner Jeanrond, Theologieprofessor an der Universität von Glasgow und theologischer Berater der Bischöfin, stimmt ihr zu. Die beiden nehmen in Rom zur Zeit an einem Kongress über Europas spirituelle Wurzeln teil. Stefan Kempis hat mit ihnen gesprochen.

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Bischöfin von Lund:
„Der Hintergrund ist Folgender. Schon seit einigen Jahren hat die Kirche einen Ritus für die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Nun hat der Stsst im Frühjahr ein neues Gesetz gemacht, das diese Verbindungen nicht mehr „registrierte Partnerschaft“, sondern „Ehe“ nennt. Die Frage war, wie verhalten wir uns dazu als Kirche? Die Synode hat nun beschlossen, dass wir das so machen können. Wir haben zugestimmt, dass gleichgeschlechtliche Paare wir alle anderen einen Eheschließungsgottesdienst feiern können.“

 
Haben Sie, Herr Jeanrond, als katholischer, in Lund lehrender Professor bei Gesprächen mit lutherischen Gesprächspartnern nicht gesgt: Vorsicht, da stehen Probleme ins Haus?

 
Professor Jeanrond:
„Ich bin als Theologe, nicht als Katholik, sondern als Berufstheologe gehört worden, im Vorlauf zu diesen Entscheidungsprozessen. Und mir ging es darum zu fragen: Wie stellt ihr euch denn vor, wie irgendwelche Partnerschaften oder Ehen dem Reich Gottes dienen? Es geht doch in erster Linie nicht darum, irgendwelche Segnungen auszuteilen, sondern sich darauf zu besinnen, welchen Auftrag wir in Gottes Schöpfung haben als Kirche und im ökumenischen Sinne zu Diensten zu stehen. Da wurde mir geantwortet, und das ist durchaus ein wichtiger Einwand, in der katholischen Kirche, in der anglikanischen Kirche und in der Kirche von Schottland hat man überhaupt noch keinen Mut gefasst, Stellung zu den Problemen zu nehmen, die gleichgeschlechtliche Beziehungen mit sich bringen. Und wir versuchen doch jetzt einen ersten Schritt. Und da es noch keine eingeschlagenen Pfade gibt, müssen wir als schwedische Kirche versuchen, einen Pfad zu trampeln – wie immer der auch ist – den ihr dann nachgehen oder besser machen könnt. Bei aller Kritik an dem Versuch: Ich glaube, aus Menschenrechtserwägungen jedem Mensch das gleiche Rechtz zuzugestehen muss in der ganzen katholischen Kirche in Zukunft ein Versuch wert sein, wie wir mit homosexuell geborenen Menschen umgehen wollen und wie wir mit ihrer Verwirklichung im, nicht ohne das Reich Gottes mitgestalten helfen können.“

 
Der Kurs der lutherischen Kirche in Schweden ruft auch bei einigen Schwesterkirchen Unverständnis hervor. Ist das eine parallele Entwicklung zu den Anglikanern?

 
Bischöfin von Lund:
„Unter der Oberfläche sind da viele Fragen. Die schwedische Kirche hat seit den 70er jahren aber aktiv mit der Frage der Homosexualität gearbeitet, das ist ein langer Prozess. Es gibt da solide thologische Vorarbeit. Wir müssen diesen Beschluss in Relation setzen zum Ganzen. Sowohl theologisch als auch sozial ist die Veränderung relativ begrenzt. Ich denke, wir müssen uns als Kirchen davon frei machen, dass wir so auf Sexualität getrimmt sind zur Zeit. Wir dürfen nicht vergessen, welche anderen großen Herausforderungen wir noch haben: Schöpfung, Klima, soziale Gerechtigkeit und ich denke auch in den sekularisierten Ländern Europas, welcher enormer Bedarf besteht an neuer Erkenntnis, worum es eigentlich geht beim christlichen Glauben.“

Sie nehmen in Rom und in Vatikannähe an einem Kongress über Europas geistliche Wurzeln teil. Sie erleben dann ein Rom, das aus schwedischer oder Glasgower Perspektive sehr traditionell noch aussieht. Was würden sie denn gerne mal vatikanischen Gesprächspartnern ins Stammbuch schreiben?

Professor Jeanrond:
„Keine der drei großen monotheistischen Religionen stammt aus Europa, sondern dass sie alle drei - Judentum, Chirstentum, Islam - nach Europa gekommen sind. Und wir in Europa die Gnade bekommen haben, ein erbe mitzugestalten, nicht nur zu verwalten, das zukunftsträchtig sein soll. das interessante ist, dass wir heute und vor allem seit dem zweiten Vatikan-Konzil ohne die anderen unseren Gottesbezug nicht mehr leben können. Das heißt, wir brauchen die anderen, um Gottes Mysterium zu verstehen, was in Nostra Etate ja auch schön ausgedrückt ist. Wenn man das jetzt anders formuliert, kann man sagen: Die Zukunft Europas eben nicht eine homogene Zukunft sein kann, sondern eine vielgeschichtige Zukunft sein muss. Deshalb ist es schön, dass wir uns hier mit vatikanischen Gesprächspartnern treffen können und überlegen können, wie wir diese pluralistische, aber nicht realitivitsiche Zukunft Europas gemeinsam gestalten können. Das ist ein Erbe für unsere Kinder, das sie wissen lassen soll, dass die jeweilige Andersartigkeit eine Gottesgabe ist, ohne die wir Gott, sein Mysterium und die Schopfung nicht angemessen versetehen können.“

 
Bischöfin von Lund:
„Ich habe da keine andere Auffassung, teile das voll und ganz. Ich würde mehr praktisch noch hinzufügen wollen: Wir müssen ernsthaft bedenken, wie ökumenische Arbeit neue Formen finden kann und muss. Der interreligiöse Dialog ist sio dringend in unserer Zeit und andererseits sind die traditionellen Arbeitsformen ökumenischer Arbeit, bei denen sich alte Herren treffen nicht mehr tragend. Eine Fussvolks-Ökumene kann hingegen ganz andere Dinge zutage fördern... Das ist spannend."


(rv 02.11.2009 pr/sk)







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