Zum Reformationstag hat der Magdeburger Bischof Gerhard Feige an diesem Freitag „Einige
neue katholische Thesen zur Ökumene“ veröffentlicht. Mit dem Zehn-Punkte-Papier wolle
Feige, der auch Mitglied der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz ist,
beiden Kirchen zu Beginn der Reformationsdekade Anstöße auf dem weiteren Weg zur Einheit
geben, hieß es in einer Medienmitteilung seines Bistums.
Wie viel Verschiedenheit
ist in der Ökumene möglich, wie viel Einheit ist nötig? Auf diese Fragen antworten
Katholiken und Protestanten immer noch zu unterschiedlich, resümiert Feige. „Momentan
haben wir keine gemeinsame Vision einer anzustrebenden Kircheneinheit“, schreibt der
Magdeburger Oberhirte. So habe sich die katholische Kirche auf der einen Seite schon
lange von einer „Rückkehrökumene“ verabschiedet und strebe eine sichtbare Einheit
an, meint Feige. Voraussetzung sei freilich die Klärung von klassischen Kontroversthemen,
wie das Kirchen- und Amtsverständnis. Dagegen propagiere die evangelische Kirche auf
der anderen Seite immer stärker „eine wechselseitige Anerkennung bei bleibenden Differenzen“.
Während die Verschiedenheit neuerdings als Ideal gepriesen werde, erscheine die Einheit
fast schon als „Schreckgespenst“ und stünde unter dem Generalverdacht von Uniformierung,
Zentralismus und Entmündigung.
Zwar sei es laut Feige durchaus begrüßenswert
Profil zu haben. Zugleich warnt er: „Das überdeutlich hervorzukehren, kann Abgrenzungen
verschärfen und konfessionalistische Verhaltensweisen wieder aufleben lassen.“ Besser
wäre es, so der Bischof „von Stärken zu reden, …die heute alle bei der Suche nach
einer wahrhaftigen und versöhnten Einheit anregen können“. Um nicht krampfhaft auf
dem Status quo zu beharren, und in der Ökumene kreativ voranzuschreiten sei eine „heilige
Ungeduld“ vonnöten. Diese erfordere von beiden Kirchen die Bereitschaft, „zugunsten
einer größeren Einheit, von manchem Abschied zu nehmen, vertrauten Ballast abzuwerfen
und uns vom Geist Gottes auf neue Wege führen zu lassen“.
Als wichtigen Erfolg
der ökumenischen Bewegung wertet Feige die Annäherung beider Kirchen, was das Verständnis
der Reformation und der historischen Figur Martin Luthers betrifft. Luther werde evangelischer-
wie katholischerseits als „Zeuge des Evangeliums, Lehrer im Glauben und Rufer zur
geistlichen Erneuerung“ gesehen. „Auf dieser Grundlage", meint Bischof Feige, „könnte
sich in den nächsten Jahren ökumenisch noch mehr entwickeln: vielleicht auch eine
gemeinsame Interpretation der damaligen Vorgänge und ihrer Wirkungsgeschichte." Allerdings
bliebe zu wünschen, dass die evangelische Kirche noch deutlicher klärt, in welchem
Verhältnis sie sich heute zur Kirche der ersten anderthalb Jahrtausende sieht: in
deutlichem Widerspruch dazu als eine Neugründung oder – wie es Bischof Huber formulierte
– als die „durch die Reformation hindurchgegangene katholische Kirche“.