Am Montag haben im
Vatikan die Gespräche mit der traditionalistischen Piusbruderschaft begonnen. Der
Vatikan sprach anschließend von einer „herzlichen, respektvollen und konstruktiven
Atmosphäre“. Man habe die Themen sowie die Marschrichtung für die weiteren Verhandlungen
festgelegt. Bei den Gesprächen der kommenden Monate solle es insbesondere um die Bedeutung
der Tradition in der Kirche, um die Liturgie, um das Konzilsverständnis sowie um Fragen
von Ökumene, interreligiösem Dialog und Religionsfreiheit gehen.
Die Diskussion
habe auch ökumenische Auswirkungen, erklärte der Catholica-Beauftragte der Vereinigten
Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Friedrich Weber.
Es stelle sich die Frage, „ob Glaubensfragen zumindest vorübergehend zur Disposition“
stünden, „wenn es um die Überwindung eines Schismas geht“. Der Braunschweiger
Landesbischof Weber sprach vor der derzeit tagenden Synode der Evangelischen Kirche
in Deutschland (EKD), Birgit Pottler hat ihn zu den anstehenden Themen in der Ökumene
befragt:
Der Umgang mit den vier von Marcel Lefebvre geweihten Bischöfen
habe für Irritationen gesorgt und „in der lutherischen Szene nachdenklich gestimmt“,
resümiert Weber. Die Aufhebung der Exkommunikation lasse sich nicht von bestimmten
politischen Haltungen oder Äußerungen trennen, so der Landesbischof: „Leugnung
des Holocaust, das ist nicht nur eine politische Äußerung, sondern das ist eine Äußerung
eines Christen, die zutiefst inhuman und unmenschlich ist, und damit hat sie auch
etwas mit der theologischen Haltung des Bischofs zu tun.“
„Nachsichtigkeit
bis zum Äußersten“ Die lutherische Seite habe das nicht zu beurteilen,
unterstreicht der Catholica-Beauftragte, auch wolle er das Verhältnis zwischen katholischer
Kirche und Reformationskirchen einerseits und den Traditionalisten andererseits nicht
parallelisieren. Aber es sei erstaunlich, „dass das Streben zur Gestaltung und
zur Darstellung der äußeren Einheit innerhalb der römisch-katholischen Kirche offenbar
ein so hohes Gut ist, dass darüber doch Großzügigkeit und Nachsichtigkeit bis zum
Äußersten gezeigt worden ist. … Wir fragen uns innerhalb der Ökumene: Müsste es dann
nicht eine größere Offenheit geben, um die ökumenische Einheit aller Christen wiederherzustellen?
Wie müssten dann Formulierungen in Texten aussehen, die aus dem Vatikan kommen in
Richtung reformatorische Kirche, wenn wir an Dominus Iesus denken oder an die Fragen
zum Kirchenbegriff - müsste da nicht auch etwas ganz anderes möglich sein um dieser
größeren ökumenischen Einheit willen?“
„Keine problematischen Wirkungen“ Der
Deutschen Bischofskonferenz seien die Lutheraner dankbar für die deutliche Positionierung.
Der Ausgang der Gespräche im Vatikan werde für die Ökumene „keine problematischen
Wirkungen“ haben. Auch die Dialoge auf internationaler Ebene seien weit gediehen,
die gegenseitige Anerkennung der Taufe gelte sicher über Deutschland hinaus. „Wir
werden sicher auch als Evangelische, als Lutheraner nicht davon ablassen, immer wieder
die Frage zu stellen: Wie ernst wird auch von unseren katholischen Geschwistern das
Leiden der Menschen in konfessionsverschiedenen Ehen genommen, die gemeinsam zur Eucharistie
gehen wollen? Da sind noch weitere Fragen bis hin zum Verstehen dessen, was mit dem
Zweiten Vatikanischen Konzil gewonnen ist, wie wichtig und wie stabil das ist. Die
deutschen Bischöfe haben sich eindeutig erklärt, und wir haben auch keinerlei Anlass
, etwas zu bezweifeln. Auf die Gesamtszene geblickt, gibt es die ein oder andere Frage.“
Ökumene
nicht nur katholisch-evangelisch Der scheidende Ratsvorsitzende der EKD,
Bischof Wolfgang Huber, hat vor der Synode in Ulm Fehler im Dialog mit der katholischen
Kirche eingeräumt. Der Rat der EKD und er als Vorsitzender hätten das ökumenische
Miteinander in den vergangenen sechs Jahren nicht nur gefördert, sondern „auch behindert“,
sagte Huber. Am Mittwoch steht bei der EKD-Synode die Wahl in den Ratsvorsitz an.
Die Hannoveraner Landesbischöfin Margot Käßmann gilt als Favoritin für das Amt der
obersten Repräsentantin von 25 Millionen Protestanten in Deutschland.
Der
Catholica-Beauftragte wünscht sich unter dem oder der neuen Ratsvorsitzenden eine
Erweiterung des Ökumenebegriffs. Die Rede von einer „Ökumene der Profile“ sehe er
kritisch, da sie „Anlass war für manches Missverständnis“, so Landesbischof Friedrich
Weber: „Da wünsche ich mir, dass seitens der neuen EKD- Ratspräsidentenschaft,
aber auch des Rates und auch seitens der Deutschen Bischofskonferenz stärker gesehen
wird: Wir beiden, die großen Kirchen, reden nicht für alle Christen in Deutschland.
Auch die anderen müssen in einer guten Weise mit ins Boot. Wir sind vor einer säkularen
und auch zunehmend kritisch, fast atheistisch argumentierenden Öffentlichkeit nur
so glaubwürdig, wie wir auch gemeinsam von dem Zeugnis ablegen, was uns voller Hoffnung
macht für die Zukunft dieser Welt. Wir brauchen das gemeinsame Zeugnis, aber wir müssen
wissen, was aufgrund lutherischer Tradition oder unierter Tradition oder römisch-katholischer
Tradition denn dieses gemeinsame Zeugnis ist. Das muss profiliert sein - aber nicht
als eine Ökumene, die sich auf Kosten der jeweils anderen profiliert.“