Wochenkommentar: „Spanier schaffen, was Deutsche wohl noch lernen müssen“
Christen dürfen sich
an die Tötung von Menschen niemals gewöhnen. Das betont der Vorsitzende des Bundesverbandes
Lebensrecht, Martin Lohmann, in seinem Kommentar der Woche für Radio Vatikan. Spanien
weise in dieser Hinsicht den Weg, denn dort seien Bischöfe und Priester dabei, wenn
Menschen für die Familie, für das Leben und für die Unantastbarkeit der Menschenwürde
auf die Straße gehen. „Spanier schaffen, was Deutsche wohl noch lernen müssen“, sagt
Lohmann.
Lesen und hören Sie hier den Wochenkommentar von Martin Lohmann
(rv
24.10.2009 mg)
Liebe Hörerinnen und Hörer, kennen Sie den Unterschied zwischen
Berlin, München und Madrid? Was unterscheidet diese Städte, was verbindet sie? Faszinierend
sind sie alle, jede auf ihre Weise. Und es verbindet sie, dass sich die Freunde des
Lebens in diesen Wochen dort zu Wort gemeldet haben. In Berlin mit einem beeindruckenden
Schweigemarsch. In München mit einem Gebetszug. Und in Madrid mit einem riesigen Fest
für das Leben. In der deutschen Hauptstadt gab es Hass und unterschwellige Gewaltbereitschaft
von Linksradikalen und Tötungsbefürwortern gegen das Zeugnis für die Unantastbarkeit
des Lebensrechts. In der bayerischen Hauptstadt gab es Ärger mit dem Bistum, das den
Betern die Kirche verweigerte – aus Angst, Radikale könnten mitgehen und das edle
Anliegen missbrauchen. Und in der spanischen Metropole feierte mehr als eine Million
Menschen die Freude am und das Recht auf Leben. Ohne hässliche Störungen. Ohne Ärger
mit der Ortskirche. Spanien setzt Maßstäbe. Spanien zeigt den Weg. Spanier schaffen,
was Deutsche wohl noch lernen müssen. Denn in Spanien fehlte jeder moralische Zeigefinger.
In Spanien wurde ein positives Zeugnis für Kinder und die Familie gegeben. Und, ganz
wichtig: In Spanien ist die Kirche, also auch die sogenannte Amtskirche, ganz selbstverständlich
Teil der Bewegung für das Leben. Dort sind Bischöfe und Geistliche dabei, wenn Menschen
für die Familie, für das Leben und für die Unantastbarkeit der Menschenwürde auf die
Straße gehen. Ohne Pathos. Ohne Scheu. Ohne Ängstlichkeit. Einfach so. Weil es halt
normal ist, für das Leben Flagge zu zeigen. Weil es zum Auftrag des Christen gehört,
Zeugnis zu geben. Nicht nur im geschlossenen sicheren Kirchenraum. Sondern auch draußen,
mitten in der Welt. Davon kann man lernen. Es wird Zeit, dass sich auch in Deutschland
überall herumspricht, wie selbstverständlich und gewinnend der Einsatz für das Leben
sein kann – und sein muss. Mitten im Leben. Mitten in der Welt. Ohne vorauseilende
Ängstlichkeit. Mitten in der Gesellschaft. Es wäre fatal und unverantwortlich,
wenn es Gegnern des Lebensschutzes gelingen würde, innerhalb der Christenheit die
Botschaft für das Leben – wenn auch nur zeitweise – zu verdunkeln. Diesen Gegnern,
ob sie nun von links oder rechts kommen, darf zu keinem Zeitpunkt die Gelegenheit
gegeben werden, Missverständnisse oder gar Spaltungen in dieser zentralen Frage der
Humanität unter Christen zu streuen. Gerade jetzt ist es notwendig, sich nicht auseinanderdividieren
zu lassen, sich nicht irritieren zu lassen. Gerade jetzt ist es geboten, mehr denn
je gemeinsam Zeugnis zu geben für das Recht auf Leben von Anfang bis zum natürlichen
Ende – und gegen ein Recht auf Tötung, das es nicht gibt und nicht geben kann. Gerade
jetzt sind alle verpflichtet, dem einen Zeugnis viel Licht zu geben – über alle Konfessionsgrenzen
hinweg, und quer durch alle Hierarchien. Die Bewährungsproben für diese Einheit
werden künftig nicht leichter. Sie werden auch nicht weniger. An die Tötung von Menschen
dürfen sich Christen niemals gewöhnen. Hier dürfen sie sich niemals wegducken. Hier
gibt es keine Einladung zum Einknicken. Abtreibung, embryonale Stammzellen und Euthanasie
– das sind nur wenige Stichworte, die markieren: Es kommt auf Christen an! Basischristen
und Amtsträger. Laien und Bischöfe. Störmanöver müssen gleichsam draußen schon abgewehrt
werden. Wer sie nach drinnen rein lässt, hat schon einen Fehler begangen. Doch es
gibt Fehler, die das Leben einfach nicht verdient hat. Madrid zeigt den Weg. Auch
den Weg zu einem Selbstbewusstsein, das eigentlich selbstverständlich sein müsste.
Nein, das selbstverständlich sein wird. Christen haben das Zeug dazu. In Berlin, in
München und in Madrid.
Martin Lohmann (52) ist katholischer Publizist, Buchautor
und Vorsitzender des Bundesverbandes Lebensrecht (BVL), der Dachorganisation christlicher
Lebensrechtsverbände und -gruppen in Deutschland. Sein neues Buch „Das Kreuz mit dem
C. Wie christlich ist die Union?“ hat in Deutschland aktuell engagierte Debatten ausgelöst.