Der Münchner Theologe Friedrich Wilhelm Graf kritisiert die bekannten Intellektuellen
Peter Sloterdijk, Jan Assmann und Wolf Lepenies. Sie zeigten „mangelnde Präzision“
in der Analyse von Religionskonflikten. Ihre Ausführungen zur Gewaltbereitschaft der
verschiedenen Religionen seien zum Teil „banalisierend“ und „pauschalierend“. Wer
als „akademischer Religionsdeuter“ ungenau analysiere, trage „ungewollt zur Verschärfung
der Konflikte bei“. Das sagte der evangelische Theologe am Mittwochabend in Münster.
Graf bezog sich in seiner Kritik auf das Buch des Philosophen Peter Sloterdijk „Gottes
Eifer. Vom Kampf der drei Monotheismen“ von 2007; außerdem auf die Monotheismus-Kritik
des Ägyptologen Jan Assmann, nach der nur polytheistische Religionen friedliebend
und tolerant seien, sowie auf die Friedenspreisrede des Soziologen Wolf Lepenies 2006.
Dessen damalige „pauschalierende Rede vom Weltbürgerkrieg“ mit Blick auf islamistisch
geprägten Terror verhindere eine genaue Analyse, sagte der Theologe. Auch Assmanns
und Sloterdijks Modell „vom guten Polytheismus und schlechten Monotheismus“ sei „alles
andere als hilfreich“. Es leiste der Produktion von Feindbildern Vorschub. Weder in
der Vergangenheit noch in der Gegenwart seien Hinduismus oder Buddhismus friedliebender
als Christentum, Islam und Judentum, unterstrich Graf. Hindus und Buddhisten übten
bedauerlicherweise genauso Gewalt im Namen ihrer Religionen aus wie Christen, Muslime
und Juden. Jede religiöse Symbolsprache biete Ansatzpunkte, solche Gewalt zu rechtfertigen.
Umso wichtiger sei es, dies präzise zu analysieren. So werde der Islam heute „viel
zu statisch gesehen, obwohl wir auch aus der Geschichte des Christentums wissen, wie
wandelbar religiöse Akteure sind“. Außerdem müsse stets unterschieden werden, in welchen
Konflikten es tatsächlich um religiöse Inhalte gehe und in welchen die Sprache der
Religionen für machtpolitische Interessen benutzt werde.