Österreich: Krätzl gegen „Diskussionsverbote“ in der Kirche
Das hört man von einem
Bischof auch nicht alle Tage: Vor „Diskussionsverboten“ in der Kirche, die einen Reformstau
verursachen würden, warnt der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl. Bei einem Vortrag
in Wien plädierte er vor zahlreichen Festgästen - darunter seinem Erzbischof, Kardinal
Christoph Schönborn - stattdessen für eine respektvolle und durchaus auch kontroverse
Debatte zwischen dem kirchlichen Lehramt und der Theologie. Beide müssten viele brennende
Fragen gemeinsam aufnehmen, so der Weihbischof: „Das sind wir einer glaubwürdigen
Verkündigung schuldig. Die Menschen warten auf Hilfen zur Orientierung.“ Krätzl erinnerte
an das Zweite Vatikanische Konzil als eine „Sternstunde“ für eine solche Zusammenarbeit
von Lehramt und Theologie. Die „fruchtbare Spannung“ zwischen beiden habe erst die
Fortschritte des Konzils ermöglicht.
Allerdings seien im Anschluss an das Konzil
viele noch offene Fragen theologisch nicht weiter vertieft worden - mit negativen
Auswirkungen auf das kirchliche Leben, wie der Weihbischof bedauerte. Krätzl nannte
in diesem Zusammenhang u.a. das Verhältnis von Welt- und Ortskirche, den Themenbereich
„verantwortete Elternschaft“, die Liturgiereform oder die Frage der eucharistischen
Mahlgemeinschaft zwischen den christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften.
Kardinal
Schönborn sprach in seiner Antwort von einer „Steilvorlage“, die Weihbischof Krätzl
geliefert habe. Auch er, so Schönborn, wolle dringend zu einer neuen Debatte ermutigen.
Allerdings wolle er vor einer rein abwertenden Sicht der Tradition warnen. Die von
Bischof Krätzl positiv hervorgehobenen Konzilstheologen hätten sich nicht generell
gegen die kirchliche und theologische Tradition der Kirche gewandt, sondern gegen
eine verkürzte und viel zu eng geführte Theologie des 19. Jahrhunderts. In der nachkonziliaren
Entwicklung in der Kirche habe es auch „negative Auswüchse“ gegeben, so Schönborn.
Umso notwendiger sei eine fundierte und durchaus auch kontroverse Debatte.