Versöhnung, Gerechtigkeit,
Frieden in Afrika – und das aus Sicht der katholischen Kirche. Worüber haben denn
die 244 Synodenväter, Experten und Hörer des Bischofstreffens bisher konkret geredet?
Ein Kollegengespräch mit unserer Synodenkorrespondentin Gudrun Sailer:
Sehr
brauchbar hat das gestern der Generalrelator Kardinal Peter Turkson in einer langen
Rede zusammengefasst. Zunächst: Thematisch ist bei der Synode so ziemlich alles vertreten,
was die Geißeln des Lebens in Afrika und seine Freuden heute sind. Es geht von Raubbau
und Plünderung von afrikanischen Bodenschätzen durch westliche Großkonzerne über Genitalverstümmelung
an Frauen bis zu konkret operierenden Kommissionen für Gerechtigkeit und Frieden,
die in Afrika seit der letzten Synode flächendeckend entstanden sind. Ein weites Panorama.
Gleitet das nicht manchmal sehr ins Politische ab?
Das tut es
zweifellos. Die einzelnen Redebeiträge sind ja sehr kurz. Fünf Minuten pro Synodenvater,
vier Minuten pro Experte und pro Hörer (ja, auch die Hörer - und Hörerinnen - sprechen).
Wie Nadelstiche also, und es ist auch ratsam, sich immer nur auf ein Thema zu konzentrieren,
was die meisten auch schaffen. Einzelne Bischöfe sprechen ausschließlich über – beispielsweise
– Korruption in der Politik und mangelnde Rechtsstaatlichkeit, über Missstände in
der Verwaltung gewisser Staaten. Aber das sind nun mal brennende Themen für gewisse
Ortskirchen, und jeder sieht ein, dass unter bestimmten gesellschaftlichen Voraussetzungen
Versöhnung niemals wachsen kann. Kardinal Turkson hat aber auch den Redebeitrag eines
Synodenvaters aufgegriffen, der meinte: Eine Bischofssynode ist keine Spezialsitzung
der Vereinten Nationen für Afrika mit ihren öffentlichen Erklärungen. Sondern es ist
eine Versammlung des Glaubens, in der es um den spezifisch christlichen Beitrag geht.
Schält sich denn heraus, was dieser spezifisch christliche Beitrag zu
Versöhnung, Gerechtigkeit, Frieden in den Ortskirchen sein kann?
Für Christen,
wie das Kardinal Turkson sehr schön zusammengefasst hat, ist Versöhnung kein Status
oder ein bloßes Handeln. Es geht auch hinaus über Entschädigung, also über das, was
staatliche Kommissionen wie die in Südafrika oder Ghana in erster Linie leisten. Sondern
es braucht eine spirituelle Offenheit des Einzelnen für Versöhnung, und das funktioniert
am Besten sozusagen mit Gott im Rücken. Beispiel: Mehrere Bischöfe etwa rieten ausdrücklich
zu gemeinsamen Bußfeiern, als Ergänzung zum Sakrament der Beichte. Sie haben die Erfahrung
gemacht, dass sich diese Feiern in ihren Kirchen sehr gut dazu eignet, Wunden zu heilen,
die bei den einzelnen Menschen aufgerissen wurden durch Gewalt, Kriege, Verstümmelungen,
Demütigungen, Monstrositäten aller Art. Die Sünde hat nämlich eine soziale Dimension,
nicht nur eine persönliche, und daher ist es sinnvoll, die Gemeinschaft bei der Buße
auch miteinzubeziehen.
Ist Papst Benedikt immer dabei in der Synodenaula?
Fast
immer. Allerdings ergreift er so gut wie nie das Wort, er beschränkt sich bisher auf
aufmerksames Zuhören. Der Papst sitzt in der Mitte des Podiums, leitet das Gebet auf
Latein, das jeweils die morgendliche und die nachmittägliche Sitzung eröffnet, liest
fleißig mit und benutzt niemals die Simultanübersetzung, da er die Synodensprachen
ja alle versteht: Französisch, Italienisch, Englisch, Portugiesisch. Nur wenn die
Sprachzirkel tagen, ist der Papst nicht dabei. Darum werden die zum Beispiel immer
mittwochs anberaumt, wenn der Papst ohnehin bei der Generalaudienz die Pilger empfängt.
Geht es in der Aula sehr steif zu?
Nun, einige dieser afrikanischen
Bischöfe schaffen es bei aller Tragik der Probleme auf ihrem Kontinent immer wieder,
die Versammlung doch sehr aufzuheitern. Zum Beispiel ist das auch Jacques Diouf gelungen,
dem Chef der UNO-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, der immer wieder ausdrücklich
„Caritas in Veritate“ in die Aula rief, wenn er besonders dringliche Sachverhalte
präsentierte. Liebe in Wahrheit! Wenn aufs Tapet kommt, was afrikanische Bauern brauchen.
Liebe in Wahrheit! Wenn von viel zu hohen Agrarsubventionen der Industrieländer die
Rede ist. Der Papst saß daneben und hat es mit großem Humor aufgenommen, dass der
Titel seiner Globalisierungs-Enzyklika auf diese Art „weitergedreht“ wurde.
Gibt’s
auch Zaungäste bei der Synode?
Es gibt mehrere Arten davon: Zunächst Journalisten.
Einige davon, aber nur ausgewählte, dürfen in die Synodenaula. Andere haben Sondergenehmigungen
und stehen morgens vor dem Eingang der Audienzhalle, wo sie Bischöfe zum Fernseh-Interview
abfangen. Dann gibt es Gäste, die eine „Halb-Genehmigung“ für die Synode haben: einen
Ausweis, der breit mit rot durchgestrichen ist. Diese Gäste dürfen nur zu bestimmten
Vorträgen, zu denen sie sich vorher beim Synodensekretariat angemeldet haben. Es ist
bei Bischofssynoden üblich, wurde mir erklärt, dass man solche Gäste hin und wieder
zulässt, natürlich nur nach entsprechender Prüfung ihres Anliegens. Und drittens gibt
es noch Gäste, die in den Vatikan gar nicht hineindürfen und beim Posten der Schweizergarde
auf vorbeispazierende Synodenväter warten. Mir ist eine Dame aufgefallen, Frau Bianca
Münch aus Deutschland. Sie bittet Synodenväter, für das Anliegen zu beten, dass eines
Tages Frauen zu Priesterinnen geweiht werden. Sie sagt, sie war schon bei der ersten
Afrikasynode vor 15 Jahren dabei, damals habe es mehr Synodenväter als heute gegeben,
die dazu bereit waren, für dieses Anliegen zu beten. Ansonsten ist das öffentliche
Interesse an der Afrika-Bischofssynode, soweit ich das von innen einschätzen kann,
eher verhalten. Es sollte unser Anliegen sein, die wichtigen Herausforderungen, die
da verhandelt werden, in die Öffentlichkeit zu tragen.