2009-10-10 11:14:26

Autorin des Jahres: Herta Müller. Schreiben gegen den Totalitarismus


RealAudioMP3 Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hat der Schriftstellerin Herta Müller zum Nobelpreis gratuliert. Er bewundere ihre sprachliche Kraft und gedankliche Intensität, so Erzbischof Robert Zollitsch in einem am Freitag veröffentlichten Glückwunschschreiben. Die Thematik des neuen Romans „Atemschaukel“ erinnere ihn an die eigene schmerzliche Vergangenheit im ehemaligen Jugoslawien“, unterstrich der Freiburger Erzbischof, der 1945 aus seinem Heimatort Filipovo (Philippsdorf) vertrieben wurde. - Am Donnerstag hatte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften Müller den Literaturnobelpreis zuerkannt. Sie verstehe es, mit ihrer „aufrichtigen“ Dichtung „Landschaften der Heimatlosigkeit“ zu zeichnen, heißt es in der Laudatio. Ihr Schreiben zeichne sich durch „Verdichtung der Poesie“ und „Sachlichkeit der Prosa“ aus.

Ein Portrait:

Schreiben gegen den Totalitarismus – im Zentrum des Werkes der diesjährigen Nobelpeisträgerin für Literatur Herta Müller steht die Erfahrung der kommunistischen Diktatur. Die eher unbekannte Schriftstellerin mit dem eingängigen Namen, im August 1953 als Banater Schwäbin in Rumänien geboren und aufgewachsen, gerät schon als junge Frau in Konflikt mit dem totalitären Regime Ceaucescus. Nach der Weigerung zu kollaborieren verliert sie ihren Job als Übersetzerin und ist jahrelang arbeitslos. Sie fängt an zu schreiben, über Unterdrückung und Gewalt, Entfremdung und Angst. Poesie sei für sie in dieser schlimmen Zeit manchmal wie ein Gebet gewesen, erinnert sich die Chronistin des Diktatur-Alltags Müller an ihre Verhöre mit der rumänischen Polizei zurück. Ihr erstes Buch „Niederungen“ konnte 1982 in Rumänien nur in zensierter Fassung erscheinen. Als Höhepunkt ihres Oeuvres gilt der erst im Sommer 2009 erschienene Roman „Atemschaukel“, in dem Müller die Leiden eines Gefangenen in einem sowjetischen Lager beschreibt. Das an den Erfahrungen des verstorbenen Lyrikers Oskar Pastior inspirierte Werk kann als exemplarisch für das Schicksal der deutschen Bevölkerung in Siebenbürgen nach dem Zweiten Weltkrieg verstanden werden. Müllers Romane zeichnen sich durch Sachlichkeit, Intensität und einen direkten, doch poetischen Stil aus. Wie wohl jedem Regime, „misstraue sie auch der Sprache“, so Müller über sich selbst. Sie hat die Worte, auch die eigenen, stets gegen den Strich gebürstet - Widerstand gegen jede Form, die sich wie eine Zwangsjacke um alles Lebendige zu legen droht. Die Schriftstellerin hat Rumänien in den 80er Jahren verlassen und kam kurz vor dem Mauerfall nach Westberlin. Bevor der eiserne Vorhang endgültig fiel, schrieb Herta Müller schon lange mutig gegen Mauern an.

(rv 10.10.09 pr/bp)








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