Religion und Glaube
haben in den früheren Ostblockstaaten in der Zeit des Kommunismus die Hoffnung der
Menschen auf eine Zukunft in Freiheit aufrecht erhalten. Das betont der polnische
Staatssekretär und frühere Botschafter in Wien, Wladyslaw Bartoszewski, 20 Jahre nach
dem Fall des Eisernen Vorhangs.
Bartoszweski sprach bei einer Tagung in Wien
über die Rolle der Religion bei der „Wende“ im Jahr 1989. Auf Einladung der Stiftung
„Pro Oriente“ beleuchteten 26 Wissenschaftler aus 13 Ländern, wie religiös motivierte
Menschen in Ostmittel- und Südosteuropa den politische Umbruch beeinflussten.
Historiker
Bartoszewski betonte: „Das Jahr 1989 war die Krönung des jahrelangen hoffnungserfüllten
Glaubens, sein Triumph und seine Bestätigung. Aber wer vom Glauben spricht, darf ebenfalls
nicht über das Vorfeld der Wendejahre schweigen, denn damals war der Glaube oftmals
die einzige Möglichkeit, Hoffnungen am Leben zu erhalten und die einzige Ermutigung
zur Ausdauer oder zur Tat.“
Bereits die Wahl Johannes Paul II. sei von
den Polen als „Sensation von bahnbrechender Bedeutung erlebt” worden. Zwar seien im
Oktober 1978 die Folgen der Papstwahl des Krakauer Kardinals noch schwer abzuschätzen
gewesen, so Bartoszewski. Aber die Wahl habe die folgenden Entwicklungen entscheidend
geprägt.
„Pro Oriente"-Präsident Johann Marte erinnerte an die Reden des damaligen
Papstes bei seinen ersten Reisen nach Polen. Die tragweite der Papstworte „Habt keine
Angst" und „Wer die Knie beugt vor Gott, der beugt sie nie mehr vor den Mächtigen“
sei damals im Westen nicht absehbar gewesen. Marte:
„Der Westen hat diese
Äußerungen, die ,Solinarnosc’-Bewegung, aber auch die vielen anderen religiös motivierten
Proteste von Leipzig bis Timisoara unterschätzt - und unterschätzt sie noch heute.
Der Osten tat dies nicht.“
In den vergangenen Wochen seien bei Tagungen
alle möglichen Ursachen für die Ereignisse von 1989 aufgelistet worden, so Marte:
„Aber von der Religionsfreiheit als Triebfeder der Ereignisse war so gut wie nie die
Rede und von Johannes Paul II. wenn überhaupt, dann nur am Rande“. - Die Veranstalter-Stiftung
„Pro Oriente“ hat es sich zur Aufgabe gesetzt, die Beziehungen zwischen der römisch-katholischen
Kirche und den orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Kirchen zu fördern.