Ein verzögert bekannt gewordenes EKD-Papier zur Lage der katholischen Kirche sorgt
in katholischen und evangelischen Kreisen gleichermaßen für Unruhe. Nachdem zunächst
die Katholische Nachrichten-Agentur in ihrem Ökumenischen Fachdienst am 1. September
darüber berichtet hatte, wurden in dieser Woche weitere Details in der Berliner „taz“
sowie in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ veröffentlicht. Nun wird unter anderem
darüber spekuliert, wer das Papier des EKD-Kirchenamts-Funktionärs Thies Gundlach
den Medien zugespielt hat und mit welcher Absicht dies getan wurde.
In dem
Papier - einer Vorlage für die Kirchenkonferenz der EKD zu deren Sitzung am 2. Juli
- wird die Lage der katholischen Kirche in Deutschland unter Papst Benedikt XVI. in
vergleichsweise düsteren Farben beschrieben. Zugleich reklamiert es eine intellektuelle
Meinungsführerschaft für die evangelische Kirche. Offizielle Stellen wie die Deutsche
Bischofskonferenz in Bonn und das EKD-Kirchenamt in Hannover erinnern daran , dass
es sich um ein internes Diskussionspapier ohne offiziellen Wert handele. Doch der
Text - und die Umstände seiner Veröffentlichung - sagen einiges über den Zustand der
Ökumene in Deutschland, schreibt an diesem Freitag die Katholische Nachrichtenagentur.
Neben der offiziellen Ebene der Festreden und gemeinsamen Erklärungen beider
Kirchen habe sich offenbar im Zeitalter der „Ökumene der Profile“ ein Stil des Redens
„hinter vorgehaltener Hand“ über den jeweils anderen herausgebildet, der einem zuvor
über viele Jahrzehnte gepflegten Geist der Ökumene widerspricht, so die KNA. Auch
die bewährte Zusammenarbeit der Kirchen im politischen Berlin musste in der vergangenen
Legislaturperiode einen Dämpfer hinnehmen: In der Diskussion um das Stammzell-Gesetz
preschte Huber mit einem unabgestimmten liberalen Kompromissvorschlag vor und düpierte
damit die Katholiken. Auf katholischer Seite wird auch mit Missvergnügen die Ankündigung
aufgenommen, dass Huber in zwei Wochen beim Festakt zum zehnjährigen Bestehen der
Schwangerenberatungs-Organisation „Donum Vitae“ sprechen wird, die von katholischen
Laien gegen den Willen der Bischöfe gegründet wurde.
Am 30. und 31. Oktober
treffen sich hochrangige Vertreter der katholischen Kirche und des Lutherischen Weltbunds
in Augsburg zur Feier des zehnten Jahrestags der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung
zur Rechtfertigungslehre. Für die Katholische Nachrichtenagentur „wieder ein ökumenisches
Highlight“, an dessen Rande Gelegenheit sein werde, „die gegenwärtigen Verstimmungen
anzusprechen“. (kna)