Kardinal Cordes: Priester muss „seine Kompetenz behalten“
Kurienkardinal Paul
Joseph Cordes hofft, dass das laufende Priesterjahr zu einem klareren Bild von der
Identität des Priesters verhilft. Das sagte der Leiter des Päpstlichen Hilfswerks
„Cor Unum“ jetzt in einem Gespräch mit Radio Vatikan. Er sei „sehr dankbar“, dass
Papst Benedikt „in diesen etwas konfusen Zeiten für den priesterlichen Dienst“ die
Identität des Priesters in den Blick nehme. In der westlichen Welt, „nicht zuletzt
auch in Deutschland“, habe sich diese Identität „verdunkelt“, so Kardinal Cordes.
„Wenn
ich höre, dass es im deutschsprachigen Raum Laien gibt, die Gemeinden leiten, und
dass der Priester, salopp ausgedrückt, eigentlich nur noch der ,Sakramententäter’
ist, der von einer Gemeinde zur anderen zu rasen hat, dann halt ich das für eine problematische
Entwicklung. Nicht nur, weil sie den Priester überfordert, sondern weil zum Wesen
des Priestertums eben diese dreifache Sendung gehört: dass er das Wort verkündet,
dass er die Liturgie feiert und dass er die Hauptverantwortung für die Gemeinde hat;
das heißt, für den Aufbau der Gemeinde. Und ich glaube, dass es manchmal auch an Berufungen
fehlt, weil die Identität des Priesters nicht mehr klar genug ist. Wenn die Gemeinde
geleitet wird von Nichtgeweihten, dann bedeutet das schon eine Reduzierung der Verantwortung
des Priesters.“
Der Priester müsse „seine Kompetenz behalten“, so der Kardinal:
„Wenn man ihm das belässt und wenn er das behält, dann kann er ein sehr glückliches
Leben führen.“ Cordes äußerte sich auch zum Zölibat: Ihm scheine, dass ein Blick auf
christliche Glaubensgemeinschaften, die keinen Pflichtzölibat kennen, „nicht ermutigt“.
„Ich habe kürzlich gelesen, dass von den fünf Bischöfinnen, die wir in
Deutschland haben, vier geschieden sind. Ich will hier über niemanden den Stab brechen
– aber wenn man bestimmte Bedingungen, die gegeben sind und an denen Anstoß genommen
wird, beseitigen würde, dann wäre die Zukunft einer überzeugenden Glaubensverkündigung
nicht unbedingt gewährleistet.“
Dass Jesus selber positiv von der Ehelosigkeit
um des Himmelreiches willen redet, sei „eine biblische Tatsache“, erinnert der Kardinal
aus dem Erzbistum Paderborn.
„Mir scheint, dass die Verkündigung des Reiches
Gottes mit der endgültigen Erfüllung in der Anschauung Gottes glaubwürdiger ist, wenn
die Prediger solcher Wahrheit selber in ihrem Leben darauf hinweisen, dass diese endgültige
Erfüllung, die Glücksverheißung, die darin liegt, von ihnen geglaubt wird – und dass
sie infolgedessen auf das Gut der Ehe verzichten, damit diese Verkündigung der Erfüllung
des Menschen in Gottes Seligkeit glaubwürdiger wird. Mir scheint also da eine der
tiefsten Gründe zu liegen.“
Das vollständige Interview mit Kardinal Cordes
können Sie am Sonntag Abend bei uns hören - in der Sendung „Zum runden Geburtstag
- Menschen in der Zeit“ von Aldo Parmeggiani.